13.9.2020

Heinrich - Muscat Freyheit 2017

Wir trinken vom Weingut Heinrich aus Österreich einen Muscat Freyheit aus 2017.

Schon wieder ein Wein aus der Tonflasche? Das hatten wir doch erst. Egal, dieses Mal ist es kein Rosé und noch nichtmal das Herkunftsland stimmt überein. Das Weingut Heinrich erzeugt seine Weine rund um den Neusiedlersee in Österreich. Es wird ökologisch gearbeitet und besonders viel Wert auf einen lebendigen Boden gelegt. Der Hintergedanke des Weinguts ist, dass ein lebendiger, von Mikroorganismen belebter Boden besonders gut sein Terroir an die Reben weitergeben kann und dem kompletten Ökosystem um die Reben herum tut es auch gut. Das bedeutet im Weinberg viel Arbeit. Im Keller dagegen wird möglichst wenig eingegriffen, es wird alles spontan vergoren und mit längeren Standzeiten auf der Maische gearbeitet. Danach dürfen die Weine auf ihren eigenen Hefen ruhen, bis sie fertig sind. Der Muscat Freyheit aus 2017 wird aus Muskat Ottonel, Weissburgunder und einem bisschen Chardonnay gekeltert, hatte 14 Tage Maischestandzeit und wurde dann auf der Hefe für 8 Monate im gebrauchten Holz ausgebaut. Gefüllt wurde ohne Filtration und auch ohne zugesetzten Schwefel.

Wir starten mit ein bisschen Essigsäure, etwas Klebstoff und Stallmuff. Klingt komisch, ist aber relativ spannend und lange bleibt das sowieso nicht, da einen dann die volle Wucht Maracuja direkt ins Riechzentrum trifft. Da kommt Grapefruit mit, da kommen florale Noten und sowohl die Essigsäure als auch der Klebstoff verschwinden wieder. Was bleibt ist eine Idee von Landwirtschaft. Eine Zeit lang riecht es wie Calciumtabletten mit Zitronengeschmack, auf der Zunge ist genauso Frucht wie in der Nase und dazu ein bisschen Gerbstoff. Das passt alles eigentlich überhaupt nicht in mein Beuteschema, aber ich bin irgendwie fasziniert.

Diese Mischung aus exotischer Frucht und ein bisschen rustikaler Bodenständigkeit bleibt den restlichen Abend so und hält uns mit ihrer Komplexität und Spannung mehr als bei Laune.

Nach einer Nacht im Kühlschrank findet alles noch mehr zusammen, die Maracuja bleibt, es kommen jetzt aber noch würzig, erdige Noten dazu. Dabei hat der Wein jetzt deutlich mehr Struktur am Gaumen, fast ein bisschen austrocknend, die schön frische Säure weiß das aber zu verhindern. Im Vergleich zum Vortag fühlt es sich samtiger an, ohne aber wirklich cremig zu werden. Ein sehr tiefer, komplexer Wein, der mit seiner Frucht ins Haus fällt und dann aber noch viel mehr zu bieten hat. Ein intensives Erlebnis.

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