18.4.2021

Nicolas Joly - Clos de la Bergerie 2015

Wir sind nochmal an der Loire und trinken von Nicolas Joly einen Clos de la Bergerie aus 2015.

Im Vergleich zu letzter Woche sind wir geografisch nicht viel weiter gekommen. Am gleichen Flussabschnitt, also immer noch an der Loire, liegt die Appellation Savennières Roche-Aux-Moines und auch die Rebsorte ist gleich geblieben. Wir haben nochmal einen Chenin Blanc im Glas. Der Clos de la Bergerie aus 2015 wurde von Nicolas Joly gekeltert. Dieser gilt als Wegbereiter des biodynamischen Weinbaus. Er hat schon 1981 angefangen nach diesen Richtlinien zu arbeiten und später auch Bücher darüber geschrieben und verfolgt diese Ideen dabei radikal. Das heißt viel Handarbeit, möglichst wenig Eingriffe, das Terroir abbilden, aber eben auch Kuhhörner vergraben und in die richtige Richtung rühren. Bei Joly liegt der Gedanke zu Grunde, dass die Natur den Wein macht und der Winzer dabei unterstützt. Die Radikalität dabei ist nicht unumstritten. Ich lade ein, sich selber damit auseinanderzusetzen und zu einem eigenen Bild zu kommen. Ein interessanter Startpunkt zur Auseinandersetzung wäre auf jeden Fall das, was im Blindflug erzählt wird. Der Blog hier ist aber meine Freizeit und in dieser will ich heute Wein trinken und keine Grundsatzdiskussionen führen, das können wir vielleicht ein andermal. Der Clos de la Bergerie steht in der Mitte der Kollektion zwischen dem Spitzenwein Clos de la Coulée de Serrant und dem Les Vieux Clos. Die Trauben für den Wein werden sehr spät, sehr reif geerntet und auch ein Teil Botrytis mit verarbeitet. Sie werden dann spontan vergoren und im gebrauchten Holz ausgebaut. Der Alkohol ist mit 15 Prozent stattlich. Das Rückenetikett warnt vor: Luft braucht er. Viel Luft.

Trotzdem sind wir natürlich mutig und probieren die ersten Schlücke direkt nach dem Entkorken. Lernen durch Trinken oder so ähnlich. Und was folgt ist direkt das Eingeständnis, dass die Flasche recht hatte. Der Duft, der einem aus dem Glas entgegen kommt ist so unglaublich dicht, dass man fast nicht durch kommt. Da ist Klebstoff, Honig, es wirkt dunkelgelb, kräuterig strauchig, aber auch ziemlich undurchdringbar. Spannenderweise wirkt er auf der Zunge anders als ich es erwartet hätte. Nicht so reif und warm wie die Nase und auch die 15% Alkohol sind sofort gut eingebunden. Dafür hat er Würze und Struktur, die trotz einer lebendigen Säure auf eine andere Art und Weise undurchdringbar sind. Die Struktur ist so krass, dass man das Gefühl hat mehr zu kauen als zu trinken. Ganz kleine Schlucke, ganz viel Zeit. Spannend ist das allemal, aber jetzt geht es für die Nacht zurück in die Kühlung.

Die Dichte hat er über nacht nicht wirklich abgelegt. Der Klebstoff ist weniger, Frucht ist weiter eher im Hintergrund zu erahnen. Dazu gekommen sind ledrig holzige Aromen. Die Komplexität ist weiter beeindruckend, die Struktur am Gaumen auch. Fast salzig kaut man jetzt darauf herum. Ein Mehr an Luft soll eine Karaffe bringen, in der ein Teil des Weins jetzt atmen darf. Und damit kommen wir tatsächlich vorwärts. Der Chenin wird harmonischer, nahbarer. Er bekommt Aromen von Dörrobst, Sherry, überreifem Kernobst und die extreme Struktur am Gaumen wir durch leichte Cremigkeit zusehends gebändigt. Ein bisschen wie Früchtebrot mit Karamell und salzigen Steinen. Wunderschön, aber schon auch anstrengend.

Das geht am dritten Abend genau so weiter. Der Wein ist noch ein bisschen weicher geworden, ein bisschen runder und offener. Gleichzeitig hat er es aber hinbekommen noch länger auf der Zunge liegen zu bleiben. Er erinnert jetzt in der Nase an weißen Portwein, an Thymian, Dörrbirnen und Quitten. Das was er auf der Zunge macht ist weiter einfach nur beeindruckend. Die Struktur, die Dichte, die Tiefe und die jetzt nach sehr viel Luft gefundene Balance ist die Wartezeit in jedem Fall wert. Klar, 15% sind viel, und ja, man muss erstmal mehr kauen als man trinken kann, die Aufmerksamkeit wird schon auch voll beansprucht und bisweilen ist er sogar anstrengend. Wenn man ihm das aber zugesteht, dann ist dieser Wein auf jeden Fall ein Kandidat für die “Sollte man mal getrunken haben”-Liste.

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