17.7.2022

Drei Flaschen Johanniter

Es geht weiter mit PiWis. Wir trinken drei verschiedene Johanniter: Kabinett 2016 vom Weingut Zang, J 2018 von Dom Bliskowice und Steillage Muschelkalk 2017 vom Weinbau Kraemer.

Johanniter klingt für mich eigentlich mehr nach Unfallhilfe oder Kloster als nach Rebsorte. Ob man sich da beim Namen einen großen Gefallen getan hat sei deshalb dahingestellt. Die Messlatte für PiWi Rebsortennamen liegt fairerweise aber auch nicht besonders hoch. Ja, ich schaue in eure Richtung Monarch, Solaris, Muscaris oder Cabernet Cortis. Seis drum. Wir probieren uns weiter durch die Welt der pilzwiderstandsfähigen Sorten und haben zu diesem Zweck drei komplett unterschiedliche Johanniter im Glas. Das ist auf der einen Seite gut, weil es die Bandbreite zeigt auf der anderen Seite aber schlecht, wenn man herausfinden will, wie denn eigentlich ein typischer Johanniter schmeckt. Also versuchen wir das gar nicht erst und konzentrieren uns auf den Aspekt der Vielfalt. Und wo wir schon bei Vielfalt sind, wird auch gleich die Liste an Weinländern im persönlichen Atlas um einen Eintrag erweitert.

Ich kann mich nicht erinnern jemals Wein aus Polen getrunken zu haben oder auch nur darüber nachgedacht zu haben, ob es in Polen überhaupt Weinbau gibt. Tatsächlich gibt es in Polen schon seit über tausend Jahren Weinbau. Die heutige Fläche ist mit rund 500 Hektar aber winzig. Das Weingut Dom Bliskowice macht Natural Weine zwischen Warschau und Krakau. Es wurde 2009 gegründet und PiWi Rebsorten kommen hier gut mit dem Klima zurecht. Polen ist erst seit 2005 in der EU als Weinbauland anerkannt aber die Weinanbaufläche wächst stetig. Es kann also durchaus sein, dass wir in Zukunft mehr von den Weinen von dort hören werden. Die beiden anderen Vertreter kommen aus Franken von Weingütern, die beide schonmal hier aufgetaucht sind. Der Eine ist eine Flasche Steillage Muschelkalk 2017 vom Weinbau Kraemer und der Andere ein Kabinett aus 2016 vom Weingut Zang.

Mit dem geht es auch los. Achja, diese lustigen Gammelstreifen links und rechts am Etikett. Die hat jede Flasche Zang im Keller. Und irgendwie haben die auch nur Flaschen von Zang. Zurück zum Wein. Man spürt die Flaschenreife natürlich schon in der Nase. Der Wein riecht leicht nach Sportsalbe, hat etwas cremige, eher dunkelgelbe Frucht und Würze. Wenn man dann trinkt kommt da viel Cremigkeit, gefolgt von einer feinen Säure und dann am Ende nochmal eine ordentliche Portion Cremigkeit. Das lebt total von diesem Mundgefühl und macht richtig Spaß. Mit mehr Luft wird es noch würziger in der Nase. Außerdem ist da ein bisschen Zitrusfrucht, die es auch auf die Zunge schafft.

Und genau so stabil hält sich der Wein auch am zweiten Abend. Ein bisschen melonig und etwas Apfel sind da. Wirklich expressiv wird er aber nie. Die fruchtige Säure und die tolle Cremigkeit machen aber super viel Spaß. Der Wein hat gereift ab Weingut unter 10 Euro gekostet. Das ist kein Geld für so einen Wein und zeigt mal wieder deutlich für mich, dass Zang Weine großartig reifen. Und nach dem Bronner vom gleichen Weingut auch mal wieder, dass PiWis großartig reifen können.

Nach einem großen geographischen Sprung nach Nord-Osten geht es mit dem J 2018 von Dom Blaskowice weiter. Der hat nur knapp über 10% Alkohol und riecht schon in der Nase deutlich Natural. Viel wilder als der vorangegangene Wein, aber nicht super wild. Da ist Apfelschale gemischt mit frischen Äpfeln. Gleichzeitig ist da aber auch deutlich Mineralik in der Nase und ein kleiner Touch flüchtige Säure. Und auch im Mund gibt es eine gute Portion Säure, die aber von viel Struktur im Zaum gehalten wird. Mit Luft wird die Säure weniger flüchtig in der Nase, verliert aber nichts von ihrer Kraft im Mund. Was am Anfang deutlich Natural aus dem Glas gerufen hat ist inzwischen nur noch ein leises Flüstern.

Und auch dieser Wein schafft es ohne Probleme in den zweiten Abend. Die Frucht ist inzwischen ein bisschen exotischer, hat aber immer noch eine deutliche Apfeldominanz. Nur von der Schale ist kaum noch was zu riechen. Und auch die Säure ist über Nacht etwas zahmer geworden. Ganz anders als der Zang, aber auch richtig gut.

Zum Abschluss der Wein von Kraemer. Der ist erstmal ganz leise in der Nase. Etwas Stein, eher dunkle, minimalistische Frucht und etwas Rauch. Den Rauch hat man auch deutlich auf der Zunge. Nach den anderen beiden Weinen ist das super speziell und direkt nach dem Aufmachen auch gar nicht so einfach einzuordnen. Nach ein paar Stunden in der offenen Flasche riecht man weniger Rauch. Trotzdem ist es nicht unbedingt einfacher geworden. Ich finde den Wein ganz schwer zu greifen. Der ist kühl, würzig, hat kaum Frucht, ist etwas limonadig, aber ganz ohne Zucker. Außerdem ist da Struktur und Gerbstoff. Das ist mit Sicherheit der forderndste Wein heute Abend. Vielleicht aber auch der Spannendste.

Der Rauch verschwindet über Nacht fürs Erste. Speziell bleibt der Wein aber immer. Da ist etwas seifig, leicht Wachsiges in der Nase. Das klingt unangenehm, ist es aber überhaupt nicht. Auf der Zunge bleibt er komplett fruchtfrei und lebt komplett vom Gefühl. Unaufdringlich, aber gleichzeitig enorm einnehmend. Nein, das ist nicht für jeden Tag und sicher auch nicht für Jeden. Ein außergewöhnlicher Wein. Und wenn dann mit Luft und Schwenken der Rauch wieder kommt und man da sitzt, die Nase rein hält, probiert und immer wieder und wieder riecht und entdeckt und dann überrascht ist, wie schnell das Glas sich leert. Ja, dann muss man wohl eingestehen, dass man aus Johanniter verdammt gute Weine machen kann.

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