18.9.2022

Drei Flaschen G.A. Heinrich

Diese Woche trinken wir eine Flasche T(rollinger) Non Traditionel und Scheurebe als Landwein The Shy Doc und in einer feinherben Variante vom Weingut G.A. Heinrich.

Es war nicht geplant, dass bisher alle Weingüter der kleinen Württemberg Reihe im September aus der Ecke in Württemberg rund um Heilbronn gekommen sind und nächste Woche ändern wir das auch, aber heute ist es eben nochmal so. Nach dem noch sehr jungen Weingut letzte Woche, kann das Weingut G.A. Heinrich auf eine Weinbautradition bis ins 16. Jahrhundert zurückblicken. In der aktuellen Generation bauen Björn und Tobias Heinrich ihre Reben auf etwa 14 Hektar rund um Heilbronn an. Die Beiden sind auch verantwortlich für die beiden Landweine, die zugegebenermaßen etwas aus dem restlichen Sortiment herausstechen. Wir probieren genau diese beiden Landweine, den Trollinger TNT und die Scheurebe The Shy Doc, und dazu noch eine feinherbe Scheurebe Gutswein. Die beiden Landweine sind Jahrgang 2020, die Eidechse ist 2021 und alle drei haben mit 11% und weniger, im Falle der feinherben Scheurebe, erfreulich wenig Alkohol. Alle Trauben werden von Hand geerntet und im Weinberg wird auf Herbizide, Insektizide und Botryzide ebenso wie auf Kunstdünger verzichtet. Der Fokus des Weinguts liegt auf traditionellen Sorten der Gegend und eben der Scheurebe, die vom Großvater nach einem Treffen mit dem Züchter Dr. Scheu ins Weingut gebracht wurde. Und genau da wären wir dann beim The Shy Doc, der daran erinnern soll. Die Reben stehen schon seit den 70ern im Weinberg und gehören damit zu den ältesten Scheurebe-Stöcken in der Region. Der Wein wird im Holz vergoren und anschließend im Betonei ausgebaut. Der TNT wird nach einer Maischestandzeit von etwa 10 Tagen ebenfalls im Holz ausgebaut und mit wenig Schwefel gefüllt.

Los geht es mit dem The Shy Doc. Der hat viel Würze in der Nase und ein bisschen Kernobst. Im Mund ist der Wein sehr straff mit viel knackig grünem Apfel und einer ordentlichen Portion Textur dazu, die immer kräuteriger wird. Das ist richtig gut, aber auf Scheurebe wäre ich blind im Leben nicht gekommen. Da allzu fruchtig ausgebaute Aromarebsorten und ich aber sowieso eher schwer in Einklang zu bringen sind bin ich darüber auch nicht wirklich traurig.

Über Nacht kommt Zitrusfrucht in den Wein. Da sind weiter Kräuter, Zitronenkuchen, Marzipan und Mango, die ganz kurz davor ist richtig reif zu werden. Die Struktur auf der Zunge ist feiner geworden und fängt an hinten raus cremig zu werden. Das ist lang, saftig und hat einen Touch Tonic. Die Säure erinnert jetzt tatsächlich an die aus Maracuja und Co, jedoch ohne dass Maracuja und Co einem offensiv ins Gesicht brüllen. Wenn man Zeit mitbringt und sich auf den Wein einlässt, dann kann man ständig noch was Neues entdecken. Toller Start.

Weiter geht es in rot mit dem TNT. Dessen verdammte Wachskapsel hat erstmal fast das Kellnermesser mit in den Tod gerissen. Wachskapseln finden sich ja irgendwo auf der Skala zwischen bröselig und bröckelig bis zäh wie Schuhsohle. Während die Kapsel auf dem Shy Doc noch entspannt unter Zug zerbochen ist und den Korken freigegeben hat, war diese hier dann eher gut abgehangene Schuhsohle, die einfach nicht weichen wollte. Hätte ich mal TNT benutzt statt einem Kellnermesser. Wobei dann die Flasche weg, aber die Kapsel noch da wäre vermutlich.

Der Wein dagegen stinkt erstmal charmant aus dem Glas. Da ist ein bisschen rote Frucht, er ist beerig und erinnert an Rotbuschtee mit Vanille. Das hat er irgendwie auch im Mund und leicht gekühlt ist das überraschend erfrischend und trinkt sich unkompliziert einfach so weg. Trotzdem ist da immer auch eine unangepasste Drecknote drin, die die Spannung hält. Das wird manchen Viertele-Schlotzer in die Verzweiflung treiben, aber wir haben eine Menge Spaß damit und gerade auch als Begleitung zum Vesper geht das perfekt. Über Nacht hat sich dann nicht viel getan, aber das macht ja nichts. Ein toller Trollinger, der sich in die Reihe an tollen Trollingern hier im Blog nahtlos einreihen darf.

Zum Abschluss dann noch die feinherbe Variante der Scheurebe. Diese erkennt man dann auch sofort als solche mit ihrer leicht grünen Nase und den Stachel- und Johannisbeeren. So feinherb hat das was von Limonade und dank der Säure im Wein ist da so viel Spannung, dass sich das auch trinkt wie Limo und null müde macht. Das macht richtig Spaß und wir sind rein wettertechnisch ein bisschen zu spät, weil gerade bei hohen Temperaturen auf dem Balkon in der Abendsonne dürfte das noch viel großartiger sein.

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