4.9.2022

Zwei Flaschen Kistenmacher & Hengerer

Wir trinken im September vier mal Württemberg und starten mit zwei Weinen vom Weingut Kistenmacher & Hengerer: Eine Flasche Lemberger IV 2017 und eine Flasche Cabernet Franc Frederic 2015.

Mir war mal wieder nach thematisch koordiniertem Trinken. Deshalb nutzen wir den September und werden vier mal Weine aus Württemberg aufmachen. Das ist ja sowieso so ein bisschen ein Lieblingsgebiet von mir, ist ja auch meine Heimat. Leicht östlich von Heilbronn liegt das Weingut Kistenmacher & Hengerer. Die Geschichte des Weinguts reicht zurück bis ins 15. Jahrhundert und bereits 1967 hat man sich entschlossen Weine selbst zu füllen und zu vermarkten. In den 90er Jahren übernahm dann Hans Hengerer das Ruder, der bis heute für die Weine verantwortlich ist. Inzwischen allerdings zusammen mit seinem Sohn, der das Weingut in Zukunft weiterführen möchte. Seit 2013 ist das Weingut Mitglied im VDP. Wir trinken, wie könnte es bei Weinen aus Württemberg anders sein, eine Flasche Lemberger IV aus 2017. Die IV sagt aus, dass die Reben vier Jahrzehnte auf dem Buckel haben und da das auch schon wieder 5 Jahre her ist dürfte das wohl irgendwann demnächst zu V werden. Außerdem trinken wir noch eine Flasche Cabernet Franc Frederic aus 2015. Eine Rebsorte, die man in Deutschland eher selten antrifft, die ich von der Loire aber ziemlich gerne mag.

Los geht es mit dem Lemberger. Der hat in der Nase rote Frucht und Beeren gemischt mit etwas Würze. Im Mund passiert erstmal gar nicht so viel, bis dann hinten raus eine gute Portion Gerbstoff kommt. Wenn die wieder verschwindet, dann fühlt sich das an wie nach dem Essen von Johannisbeeren, wenn man zu lange auf den Kernen rumgekaut hat. Ich mag das. Ein bisschen Luft tut dem Wein sehr gut. Da passiert jetzt mehr in der Nase, da ist etwas Hibiskus und irgendwie auch eine Idee Banane. Die verschwindet dann wieder und wird ersetzt durch Rauch. Kühl und geradeaus wirkt der Lemberger.

Einen Tag später wirkt der Wein intensiver und dreckiger in der Nase. Da ist ein bisschen Zwetsche und Kirsche, die Frucht ist aber eher im Hintergrund. Weiter vorne stehen Würze und Gewürze, da ist etwas Ätherisches und ein kleines bisschen Rauch. Der Gerbstoff ist weicher geworden, wirkt weniger kernig und wird gut von der frischen Säure gekontert. Das ist jetzt nicht unbedingt der unkomplizierteste Lemberger zum Viertele schlotzen am Sonntag. Aber auf jeden Fall einer, der viel Spaß macht und sich sicher noch ein paar Jahre toll weiter entwickeln wird.

Die Frucht im Cabernet Franc wirkt ganz anders. Eher dunkle, sehr reife Beeren sind da. Charmant und ein bisschen dreckig ist der Wein. Auf der Zunge wirkt er dann heller als er in der Nase angekündigt hatte. Der Gerbstoff ist anders als im Lemberger, aber durchaus auch vorhanden. Ein bisschen struppiger wirkt er, wie das Cabernet Franc ja öfter tut. Ziemlich saftig ist er auch und hat inzwischen eine tolle Himbeerfrucht. Was er aber irgendwie gar nicht hat gerade ist die leichte grüne Paprika, die ich oft im Cabernet Franc rieche. Dafür sind da Cassis und eine Portion Heu und gegen später meint man dann doch auch ein winziges bisschen Grün zu riechen. Oder es sich zumindest einzubilden. Egal, denn gut ist es auf jeden Fall.

Einen Tag später ist die grüne Paprika dann auch ohne Einbildung in der Nase. Ich könnte die Nase stundenlang ins Glas hängen. Die tolle Frucht, das bisschen Dreck und auch die Frische und das struppig Rustikale sind einfach super. Ich könnte jetzt schreiben, dass das der beste Cabernet Franc aus Deutschland ist, den ich je getrunken habe. Und das stimmt auch, mir fällt aber kein anderer ein, den ich bewusst probiert habe. Deshalb wäre das nicht besonders vielsagend. Was ich aber sagen kann ist, dass ich glaube, dass er diesen Rang eine ganze Weile verteidigen können wird. Das ist wunderschön gereift und wird wie der Lemberger noch einige Jahre vor sich haben. Und das dann noch für deutlich unter 20 Euro. Ich bin begeistert.

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