19.2.2023

Vinas Mora - Kaamen III 2020

Wir trinken aus Kroatien vom Weingut Vinas Mora eine Flasche Kaamen III aus 2020.

Nur wenig macht mir bei Wein so viel Freude wie der ständige Blick über den eigenen Tellerrand hinaus. Das können neue Rebsorten sein, Rebsorten, die ich eigentlich nicht gerne trinke, von mir vernachlässigte oder ungeliebte Weinstile und natürlich auch für mich neue Anbaugebiete. Und Kroatien als Weinland liegt bisher ziemlich weit hinter diesem Tellerrand, obwohl der Weinbau hier eine lange Tradition bis vor die Römerzeit hat. Und wir schlagen gleich zwei Fliegen mit einer Klappe, da es mir mit der Rebsorte Babić ähnlich geht. Das ist aber bei autochthonen Rebsorten eher die Regel als die Ausnahme und genau so eine ist Babić. Der Wein heute kommt aus Dalmatien im Süden Kroatiens, das bei den Meisten im Kopf eher in der Schublade Urlaubsregion als in der Kategorie Weinbaugebiet einsortiert werden dürfte. Die Weinberge stehen hier an der Adriaküste unter dem Einfluss des Mittelmeers auf sehr steinigen und kargen Böden. Vinas Mora, erst 2020 gegründet, ist eine Genossenschaftskellerei, deren Mitglieder genau hier sehr aufwändig Weinbau betreiben. Die Stöcke stehen als Buschreben in sehr kleinen Parzellen zwischen steinigen Trockenmauern. Da Regen hier im Prinzip von Frühjahr bis Herbst Mangelware ist, müssen die Weinreben tief wurzeln um an Wasser zu kommen. Gleichzeitig macht das den Kampf gegen feuchteliebende Schimmelpilze natürlich deutlich einfacher. Normalerweise sind mein Geldbeutel und ich Freunde davon die Entdeckungsreise von unten im Sortiment anzutreten, heute machen wir das aber mal anders rum und ich habe mit dem Kaamen III oben ins Regal gegriffen. Die Reben für den Wein sind teilweise über 100 Jahre alt und werden komplett von Hand bearbeitet. Nach einer Maischestandzeit von einigen wenigen Tagen wird gut die Hälfte des Weins in gebrauchten Holzfässern ausgebaut, der Rest in innerten Carbonfasertanks. Gefüllt wird dann ohne Filtern oder Schönung mit ein bisschen Schwefelgabe.

Der Wein startet gestrüppig in der Nase und auf angenehme Art sperrig. Das erinnert mich in der Art und Weise der Sperrigkeit so ein bisschen an Cabernet Franc. Dann kommt langsam immer mehr Frucht dazu, da ist Brombeere, Blaubeere, Cassis und ein paar Kräuter. Das Wilde und Unangepasste bleibt immer dabei, zusammen mit einer Portion Stein. Das ist super spannend und bis auf den für mich naheliegende Struppigkeitsvergleich mit Rotwein von der Loire, fällt es mir aber schwer eine Schublade zu finden. Auf der Zunge packt der Wein richtig zu, der Gerbstoff kratzt ein bisschen von innen an den Backen und wird dann aber von so viel Saftigkeit aufgefangen und abgelöst, dass ich mir gar nicht sicher bin, ob man überhaupt warten sollte bis Zeit die Tannine runder geschliffen hat. Weil so wie das jetzt gerade ist, ist das viel zu gut um nicht getrunken zu werden.

Über Nacht wird das Alles noch komplexer. Da ist ein bisschen Erdbeere und Laktik dazu gekommen. Fast so ein bisschen in Richtung Kimchi, weiter die dunklen Beeren, Cola-Fruchtgummi und ein bisschen Rauch. Der Gerbstoff ist deutlich weicher geworden, wobei er sich ein bisschen Kratzen behalten hat. Das hat Kraft und macht Pelz auf Zunge und Backen und man muss sich entweder darauf einlassen oder es mit mehr Luft versuchen und alternativ mit mehr Zeit im Keller. Ich mag das sehr. Diese rustikale Eleganz, das was man in Kneipen urig nennen würde, dieser Charme und die Herausforderung, die der Wein einem mit jedem Schluck stellt nur um dann saftig wieder zu sagen, dass Alles gut wird. Das ist schon ziemlich gut. Und ja, knapp unter 50 Euro ist ganz schön viel Geld für eine Flasche Wein und dann auch noch von einem super neuen Weingut aus Kroatien. Ich habe die Stufen darunter noch nicht probiert, so dass ich nicht sagen kann wie sich diese im Vergleich schlagen, aber ich habe auch über die zwei Tage nie das Gefühl gehabt, dass das jetzt zu teuer wäre für das, was ich da im Glas habe.

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