14.5.2023

Batardiere - Les Cocus 2020

Wir trinken vom Weingut Batardiere eine Flasche Les Cocus 2020 von der Loire.

Die Weine von Marie-Lise und Thomas Batardiere sind mir in den sozialen Medien häufiger über den Weg gelaufen. Wobei das auch daran liegen mag, dass man sich einfach besonders gut an diese Etiketten erinnert. Thomas Batardiere hat als Quereinsteiger erst 2012 mit etwa zwei Hektar Chenin Blanc Reben angefangen mit dem eigenen Weingut. Wobei das eine ziemliche Übertreibung ist, denn außer den Reben gab es nicht viel. Kein Keller, kein Weingut, das kam dann erst danach. Inzwischen sind es knapp unter vier Hektar, die seit 2015 biodynamisch zertifiziert bewirtschaftet werden. Das Weingut liegt in der Nachbarschaft von Richard Leroy, der spätestens mit dem Comic Les Ignorants von Etienne Davodeau ziemlich bekannt geworden ist. Genau wie Richard Leroy macht Thomas Batardiere auch einen Chenin aus der Lage Les Noëls de Montbenault. Den trinken wir heute aber gar nicht, denn wir probieren eine Flasche Les Cocus. Trotzdem muss man leider sagen, dass es ziemlich schwierig ist den Weinen von Thomas Batardiere habhaft zu werden. Nicht so schwierig wie bei Leroy vielleicht, wo es mir noch nicht gelungen ist, eine Flasche für einen Kurs zu finden, den ich bereit bin zu bezahlen, aber man muss schon schnell klicken. Glücklicherweise hat das bei Alex Zülch geklappt. Ich bin ziemlich dankbar, dass es Händler gibt, bei denen sowas noch möglich ist. Klar sind die 35 Euro, die ich bezahlt habe auch viel Geld für eine Flasche Wein, aber erstens ist das ziemlich sicher weit weg von dem was ich auf dem Zweitmarkt zahlen müsste, was der Schwabe in mir nicht einsieht, und zweitens ist das gerade auch im Vergleich zu dem was inzwischen zum Beispiel für GGs aufgerufen wird noch ziemlich human. Die Chenin Blanc Trauben für den Les Cocus kommen von einer kleinen Parzelle mit knapp über einem halben Hektar von um die 60 Jahre alten Reben, die auf Schieferboden stehen. Ausgebaut wird erst in gebrauchtem Holz und anschließend im Edelstahltank.

Dafür, dass sich dann bei so einer Flasche doch auch eine ganze Menge Vorfreude anstaut, haben der Wein und ich einen ziemlich katastrophalen Start. Beim ersten mal ins Glas riechen, frage ich mich erst ganz vorsichtig und dann immer sicherer ob die Flasche nicht vielleicht hinüber ist. Nicht direkt Kork, aber irgendwie nicht okay. In Gedanken bin ich schon dabei zu sortieren, was ich denn sonst gerne trinken würde, weil eine zweite Flasche habe ich natürlich nicht. Aber so wie ich immer sicherer geworden bin, dass das kaputt ist, so verschwindet diese Sicherheit mit mehr Sauerstoff ganz langsam wieder. Es kommt nach und nach gepufftes Getreide, Popcorn, etwas Karamel und dann immer mehr Stein. Das Karamell verschwindet dann wieder, das Popcorn wird weniger, aber der Stein bleibt. Wenn man wirklich sucht, dann ist da auch ein bisschen Zitrus, aber fruchtig ist das nicht. Ich bin immer noch unsicher. Auf der Zunge macht sich inzwischen eine Mischung aus kargem Gestein und heimeliger Buttrigkeit breit. Die Säure eher im Hintergrund, ein bisschen Apfel, ein bisschen Zitrus und tatsächlich erstaunlich viel Länge. Aber irgendwie wirkt es auch da noch nicht so wie ich denken würde, dass er sein soll. Und dann ist da wieder das Schreiben oder nicht Dilemma. Das leere Glas riecht ganz normal, kein Anflug von Kork zu riechen. Jeder neu eingeschenkte Probeschluck, man kann es dann ja doch nicht lassen, riecht erst auf immer eine andere Weise ein bisschen falsch und wird dann immer spannender. So will ich das nicht beurteilen und eigentlich auch nicht trinken und entschließe mich für Kühlschrank. Könnte ja noch besser werden.

Wir hatten einige, auch ziemlich starke Veränderungen über Nacht die letzten Wochen bei verschiedenen Weinen. So wie hier hatte ich das aber noch nie. Das ist tatsächlich ein anderer Wein am nächsten Tag. Super mineralisch, straff, zitrisch, ohne jeden Fehlton. Das gepuffte Getreide ist inzwischen eher nussig, da ist ein bisschen was Gelbes, Mirabelle oder so und da ist viel mehr Zug auf der Zunge. Nichts mehr mit heimeliger Buttrigkeit. Straff, kühl und mit erstaunlich viel Struktur hinten raus zieht das den Gaumen entlang. Verrückt, dass der Wein jetzt so schmeckt, wo ich die ersten fünf Minuten wirklich schon mental aufgegeben hatte. Das ist so lebendig, so voller Energie jetzt. Die mineralische Steinigkeit ist wirklich toll. Schon am ersten Abend hat man lange nachschmecken können, aber auch da ist jetzt noch viel mehr davon. Ich bin mal wieder ratlos. Dass ich selber einen Abend vielleicht mal seltsame Dinge rieche, die nicht da sind, das mag schon mal passieren. Dass wir das aber Beide genau gleich so wahrnehmen und das Wahrgenommene dann gar nicht da war, ist dann doch eher unwahrscheinlich. Und auch dass wir uns beide das Erlebnis ob der seltenen Flasche schön trinken ist eigentlich ausgeschlossen. Ich vielleicht, die Mittrinkerin ist da eher erbarmungslos. Es kann natürlich immer noch gut sein, dass die Flasche wirklich eine ganz kleine Macke hat, und der Wein aus einer perfekten Flasche noch mehr singen würde. Aber so wie das jetzt am zweiten Abend ist, ist das großartig. Und das reicht mir dann um glücklich zu sein.

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