29.10.2023

Drei Flaschen Höfflin

Wir trinken vom Weingut Höfflin aus Baden eine Flasche Souvignier Gris 2022, eine Flasche Grauburgunder Phonolith 2019 und eine Flasche Spätburgunder Traubenkirsche 2017.

Die Kristallbilder auf den Etiketten sehen schon ziemlich schick aus. Ich glaube zwar, dass die Ordnungskraft und Lebensinformation in diesen Kristallen nur schnöde Physik, Chemie und Biologie ist, aber das macht die Bilder nicht weniger reizvoll, ganz im Gegenteil. Die Unterstriche zwischen Jahrgang und Weinnamen hätte ich dagegen nicht gebraucht, mir reichen die, die mir im Alltag beim Programmieren über den Weg laufen. Auf Etiketten bin ich Freund eines Leerzeichens. Gekauft habe ich die Weine vom Weingut Höfflin trotzdem. Und tatsächlich auch wegen der Etiketten. Matthias Höfflin hat den Hof in Bötzingen am Kaiserstuhl 1987 von seinen Eltern übernommen und das Weingut begründet. Da die Eltern schon viele Jahre biologisch gewirtschaftet hatten, war klar, dass es so weitergehen soll. Im warmen kaiserstühler Klima stehen die Reben hauptsächlich auf Lössböden mit verschiedenen Beimengungen. Die Weine werden alle spontan vergoren und mit wenig Eingriff verarbeitet um dann ohne oder mit wenig Schwefel gefüllt zu werden. Da alle Weine als Landwein gefüllt werden, dürfen Lagen auf den Etiketten nicht ausgewiesen werden und so steht da Traubenkirsche oder Phonolith statt Schambach oder Endhahle. Das Sortiment ist ziemlich umfangreich und neben den klassischeren Weinen gibt es auch eine experimentellere Linie, die wir uns fürs nächste Mal aufsparen. Wir probieren heute aus der Basis einen Souvignier Gris 2022, ich bin bei PiWis ja sowieso immer neugierig, aus der Prestige Lagenlinie einen Grauburgunder Phonolith 2019 und einen Spätburgunder Traubenkirsche 2017.

Der Souvignier Gris kommt mit etwa 11 Gramm Restzucker und dann auch nur 11,5% Alkohol auf die Flasche. Ich muss gestehen, dass ich das vorher nicht gelesen habe und sonst vermutlich zu einem anderen Wein gegriffen hätte. Vorurteile und so. Das wäre aber sehr schade gewesen, weil schon das erste Glas zum Essen richtig gut funktioniert. Es gab bei niedriger Temperatur gegarten Lachs, der vorher intensiv orientlisch marinieren durfte, und die Kombination ist super. Das hat viel Frucht und gleichzeitig eine schöne Würze in der Nase. Und auch auf der Zunge ist da Apfel, etwas Frucht zwischen gelb und orange und auch die Würze. Eigentlich schmeckt das wie es riecht. Das ist unkompliziert und lecker und wie schon hundertmal geschrieben, ist das hier nicht abwertend, da ich sowieso nie verstanden habe wie lecker als Adjektiv bei Wein verwerflich sein sollte. Ich hatte bei mir im Kopf Souvignier Gris vor Allem unter Strukturwein abgespeichert und das ist diese Variante natürlich nicht. Trotzdem bin ich froh, dass ich den Wein gekauft habe.

Am nächsten Tag und ganz ohne Essen dazu wird der Wein saftiger. Die Struktur geht noch weiter zurück und wird ersetzt von viel Apfel und einer Honignote. Das ist auch lecker, aber die Kombination mit dem Fisch ist schwer zu erreichen heute.

Der Grauburgunder ist ziemliches Kontrastprogramm. Da ist so viel Würze im Wein, dass erstmal wenig anderes passiert. Dazu ein bisschen Holz und eine ganz leise Frucht. Das trinkt sich dann viel klarer als ich nach dem Riechen vermutet hätte. Erstmal Säure, dann kommt Mandarine und hinten raus Karamellbonbon, das ewig auf der Zunge liegen bleibt. Und wenn man das so im Mund hat, dann springt es auch in die Nase, oder war schon immer da und fällt erst jetzt so richtig auf. Das ist speziell, aber sehr schön.

Hier passiert sehr wenig über Nacht. Mich beeindruckt immer noch die dichte Würze beim Riechen und die klare Frische im Mund. Das ist ziemlich untypisch Grauburgunder würde ich sagen, aber dann wiederum sind fast alle Grauburgunder über die ich hier schreibe in der einen oder anderen Weise genau so. Für mich, oder zumindest für das was ich in Grauburgunder mag, ist das damit vielleicht sogar ein ziemlich typischer Wein. So ein bisschen Dosenfrucht schafft es dann langsam gegen die Würze anzukommen. Das kann man durchaus mal probieren, auch wenn man sonst Grauburgunder so gar nicht anfassen mag.

Der Spätburgunder Traubenkirsche ist direkt nach dem Korken ziehen ziemlich leise und hat es deshalb gerade gegen die anderen beiden Weine ziemlich schwer. Da ist rote Frucht, feine Würze und ein bisschen Weihnachten im Duft. Ich finde, dass der Wein irgendwie trocken riecht, aber nicht im Sinne von Zuckergehalt sondern im Sinne von getrocknet. Was genau getrocknet wurde, finde ich aber nicht heraus. Tannin sucht man gerade mit der Lupe, was aber sicherlich auch seinen Teil dazu beiträgt wie saftig der Wein ist.

Der Wein macht dann auch von den drei Flaschen die größte Entwicklung über Nacht durch. Bemerkenswert, weil er als Jahrgang 2017 doch schon einige Zeit zur Entwicklung hinter sich hat. Das wirkt viel sortierter am nächsten Tag, viel intensiver und strukturierter. Da ist ein bisschen Rauch, weiter viel Kirsche, die auch auf der Zunge ist, und weiter die Saftigkeit. Gleichzeitig ist der Gerbstoff aufgewacht und trägt seinen Teil bei. Zum Marktschreier auf dem Fischmarkt wird der Wein dadurch natürlich nicht, das ist aber keiner der Weine und das ist auch gut so. Vielleicht würde der Wein am zweiten Tag auch zu schöneren Etiketten kristallisieren, wer weiß. Mir zumindest gefällt er so jetzt noch deutlich mehr.

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