15.10.2023

Zwei Flaschen Paul Weltner

Aus Franken trinken wir eine Flasche Sylvaner Rödelsee 2022 und einen Rödelseer Küchenmeister 2021 von Paul Weltner.

Deutscher Wein bedeutet immer auch deutsche Lagennamen. Und neben dem hundertsten Kirchenstück oder Schlossberg gibt es hierzulande auch eine niemals enden wollende Anzahl an Namen, die im Kopf hängen bleiben. Der Rödelseer Küchenmeister ist einer meiner Liebsten davon. Zwar nicht besonders kurios, da gibt es ja ganz andere Kandidaten, aber irgendwie ein ziemlich passender Name für eine Weinlage, die man sich nicht besser hätte ausdenken können. Noch viel mehr für Silvaner, pardon, Sylvaner, der immer wieder als guter Essensbegleiter und noch häufiger als perfekter Spargelwein genannt wird. Da die Spargelzeit längst vorüber ist, spielt das gerade keinerlei Rolle, und auch der Lagenname kommt von einem Adelsgeschlecht und nicht vom Kochen, wobei dessen Name wiederrum tatsächlich auf irgendwas mit Lebensmitteln zurück geht. Erwähnt wurde die Lage auf jeden Fall schon im 14. Jahrhundert und auch ohne Spargel sind Weine, die Küchenmeister heißen, auf Speisekarten und Co sicher kein Nachteil für den Vertrieb. Viel spannender für uns Weintrinker ist sowieso, was hinter der Lage oder viel mehr unter der Lage steckt. Hier im Westen des Steigerwalds in Franken ist das vor Allem Gipskeuper auf dem die Reben wachsen. Paul Weltner macht hier in Rödelsee in inzwischen vierter Generation Wein. Der Sylvaner nimmt mit etwa 60% den größten Anteil im Weingut ein und wir probieren eine Flasche Rödelseer Ortswein aus 2020 und eine Flasche aus dem Küchenmeister aus 2021, die als Erste Lage klassifiziert ist. Beide Weine sind, wie unschwer auf dem Bild zu erkennen, in Bocksbeutel gefüllt worden. Persönlich finde ich das zwar schick, gleichzeitig jedoch oft reichlich unpraktisch, was vor Allem daran liegt, dass es sich beim Lagern nicht mit normaleren Flaschenformen verträgt und der Bocksbeutel in der Kühlschranktüre mehr Platz einnimmt als ich ihm zugestehen will. Das ist aber dank Schraubverschluss hier kein Problem und durch die flache Form rollt der dann auch nicht davon. So funktioniert das richtig gut, zumindest so lange kein Korken drauf ist.

Los geht es mit dem Ortswein, der direkt nach dem Aufschrauben reichlich harmlos daher kommt, fast ein bisschen langweilig. Da ist leicht gelbe Frucht, minimale Würze, pflanzliche Noten und ein bisschen gelber Apfel. Im Mund ebenfalls eher karg, straff und kühl. Das wirkt extrem jung, was es auch ist, und gerade bei Schraubverschluss habe ich das Gefühl, dass das auch länger so bleibt. Schwenken hilft wie so oft aber gewaltig und der Wein wird schnell immer spannender. Es wird immer dichter in der Nase, da kommt Laub und Mineralität dazu und die Struktur, die sich auf der Zunge aufbaut, gefällt mir schon richtig gut. Das ist leicht mürbe, von der Säure getragen und führt dazu, dass man wie so ein Idiot da sitzt und anfängt auf seinem Schluck Wein herumzukauen. Da mein Gegenüber das auch macht geht das aber in Ordnung. Das lebt auch viel mehr davon, dass es genau das auslöst und nicht so viel von dem wonach es eigentlich schmeckt oder riecht. Noch mehr Luft bringt dann immer mehr Frucht zum Vorschein.

Das bleibt so am zweiten Abend. Das wird nie ein fruchtiger Wein und das soll er sehr sicher auch nicht sein und trotzdem ist da jetzt mehr Frucht im Wein. Es bleibt leise, harmlos ist da inzwischen aber nichts mehr. Ein bisschen Kernobst, ein bisschen Stein und die mürbe Struktur auf der man rumkauen möchte. Ich muss sagen, dass mir das richtig gut gefällt.

Die Frucht im Küchenmeister wirkt zu Anfang deutlich reifer. Das kommt ob des Jahres 21 reichlich unerwartet, ist aber ziemlich schön. Das ist viel cremiger in der Nase, Mirabellen, die eine Woche zu lange am Baum geblieben sind, Pfirsiche, ein paar Tage zu lange in der Obstschale. Trotzdem ist da nichts überreif und fett schon gar nicht. Das wirkt eher sanft in der Nase, dezent, um dann beim Trinken richtig aufzudrehen. Hier bringen Wein und sicher auch Jahrgang ordentlich Zug mit. Das ist saftig, apfelig und frisch mit viel Struktur. Und wenn man den Wein dann im Mund hat, dann wird auch die Nase immer heller und würziger. Der anfängliche Eindruck von Reife verabschiedet sich dann leise und wird ersetzt von immer mehr frischem Apfel, Heu und jetzt frischem Steinobst. Gegen Ende des Abends wird es dann schwer zu sagen welcher von beiden Weinen eigentlich der Jüngere ist.

Und auch dieser Wein macht einen Tag später genau da ohne große Veränderung weiter. Im direkten Vergleich zum Ortswein ist da von Allem einfach mehr. Da ist mehr Tiefe, mehr Zug, mehr Struktur und auch mehr Spannung. Das liegt in Sachen Komplexität sicher daran, dass das hier eben die Erste Lage ist und das andere der Ortswein, in Sachen Zug und Frische ist das garantiert aber auch der Jahrgang. Um das besser differenzieren zu können, wäre es sicher schlau gewesen den gleichen Sylvaner einmal aus jedem Jahr vor sich im Glas zu haben. Da liegt der Fehler beim Verkoster. Dem gefällt aber in genau dieser Kombination die Erste Lage gerade einen Tick mehr. Und zwar aus beiden Gründen, weil da mehr Tiefe drin ist und weil das eben auch eine ganze Spur mehr Zug hat. Am Ende ist genau dieser Unterschied der Jahrgänge, der Unterschied der Lagen und auch der Stufen im Sortiment aber natürlich auch das, was das Trinken so interessant macht, so dass die Frage nach dem Besser gewaltig an Bedeutung verliert.

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