5.11.2023

Zwei Flaschen Dautel

Wir trinken von Dautel aus Württemberg eine Flasche Chardonnay 2021 und eine Flasche Lemberger 2020 aus dem Bönnigheimer Sonnenberg.

Nicht nur zwei Flaschen Dautel stehen da vor uns, nein, sogar zwei Flaschen Bönnigheimer Sonnenberg. Das ist neben dem Besigheimer Wurmberg eine der beiden Ersten Lagen aus denen Christian Dautel Wein macht. Darunter kommen dann die Guts- und Ortsweine und darüber wie üblich die Großen Gewächse. Lemberger und Spätburgunder wachsen laut Weingutshomepage auf Schilfsandstein und Gipskeuper im Sonnenberg. Das ist offensichtlich nicht mehr ganz aktuell, denn auch der Chardonnay kommt von da. Der taucht tatsächlich bei keiner einzigen Lagenbeschreibung als Rebsorte auf, was ein bisschen lustig ist, weil gerade der Chardonnay der Grund ist, warum mir das Weingut Dautel in letzter Zeit im einen oder anderen Artikel über den Weg gelaufen ist. Andererseits wird das obere Ende des Regals, das vormals als Chardonnay -S- auf die Flasche kam auch erst seit kurzem unter seinem Lagennamen Besigheimer Niedernberg gefüllt. Da ist die Webseite wohl einfach ein bisschen hinterher. Da zwei Flaschen immer besser sind als eine Flasche, und Lemberger sowieso immer geht, trinken wir den auch noch dazu. In Bönnigheim, etwas südlich von Heilbronn, liegt auch das Weingut selber, von dem wir vor einiger Zeit schon mal eine Flasche Riesling im Glas hatten. Dabei können die Dautels auf eine Weinbautradition bis ins 16. Jahrhundert zurück schauen, in der Christian jetzt die 14. Generation ist. Der Vater Ernst hat sicherlich mit den Grundstein für den heutigen Erfolg gelegt und schon früh angefangen Chardonnay zu pflanzen und Weine im kleinen Holzfass auszubauen. Es folgte 1999 die Aufnahme in den VDP und schließlich hat Christian 2013 als aktuelle Generation die Verantwortung übernommen.

Der Chardonnay ist zu Anfang unnahbar kühl und würzig. Da ist leichtes Holz und etwas Nuss und ich habe kurz Bedenken zu früh zum Korkenzieher gegriffen zu haben. Allerdings wirklich nur sehr, sehr kurz, weil die Menge an Saftigkeit, die einem dann über die Zunge und an den Backen entlang spült ist beeindruckend. Klar, da ist auch Struktur, leicht cremiges Kernobst und ein bisschen Holz dabei, aber man muss schon aufpassen, wenn man das mitbekommen will während der Wein in großen Schlucken aus dem Glas verschwindet. Und ich weiß tatsächlich nicht, wann ich das zuletzt in dieser Kombination so ausgeprägt hatte. Ich will jetzt nicht sagen, dass der Wein sperrig riecht, aber nach Saufwein riecht er nicht. Trinkt sich aber wie einer. Und das ist eigentlich noch untertrieben. Und es ist ja auch so, dass ich bei kühl würzigen Chardonnays auch gerne die Nase ins Glas hänge. Normal bleibt das nur länger voll. So zwingen wir uns dann bei ungefähr einem verbleibenden Drittel zur Kühlschrankaskese, weil mich schon auch interessiert wie sich das entwickelt über Nacht.

Und tatsächlich wird der Wein weicher und fruchtiger in der Nase. Da sich an der Trinkigkeit im Gegenzug nichts geändert hat, bleibt es bei dieser einen Feststellung. Lediglich der Versuch ein Glas zur Pasta mit lange gereiftem Schafskäse zu trinken wahr ein kompletter Fehlschlag. Da haben sich Essen und Wein gegenseitig komplett kaputt gemacht. Nichts wofür Wein oder Essen, das für sich alleine auch ziemlich großartig war, etwas können würden. Gegrillter Fisch wie im Webshop empfohlen wäre da sicher ein besserer Partner gewesen. Nächstes mal dann.

Interessant ist auch, dass der Lemberger ganz im Gegensatz zum Chardonnay schon direkt nach dem Korkenziehen groß auffährt. Das ist intensiv fruchtig, eher dunkel, mit Blaubeeren und anderen Waldbeeren durchzogen und fast schon süß beim Riechen von der ganzen Frucht. Dahinter steht dann eine feine holzige Würze, die der Frucht gerade so entgegen stehen kann. Und auch der Lemberger ist richtig saftig. Da ist Gerbstoff, der aber samtig weich vorbei zieht und dann auch auf der Zunge von der Frucht eingeholt wird. Das ist allein beim Riechen sicher einer der fruchtigsten Lemberger, die ich in letzter Zeit im Glas hatte. Und das ist wieder so ein Satz, der irgendwo auf einer Stufe mit dem Adjektiv lecker steht bei Weinbeschreibungen. Das ist natürlich Blödsinn. Erstens, weil die Würze und auch die Gewürze, die eben auch noch da sind, einen ganz großartigen Rahmen bieten, so dass es nie zu fruchtig wird, und zweitens weil diese Art von Frucht auch ganz alleine den Abend füllen könnte.

Tatsächlich übernimmt aber am zweiten Abend die Würze das Ruder und steht jetzt mindestens auf Augenhöhe mit der Frucht. Das hebt gefühlt die Saftigkeit nochmal eine Stufe nach oben. Wobei sich das aufs Gefühl beschränken dürfte und sich am Mundgefühl objektiv gar nicht so viel verändert hat. Da aber Geruch sehr wesentlich dazu beiträgt wie wir schmecken, ist es immer wieder spannend zu sehen, wie sich das dann so verändert. Dieses Mehr an Würze steht dem Wein im Übrigen ähnlich gut wie die hinreisende Frucht am ersten Abend. Aber wenn ich heute wählen müsste, ich würde sie mir zurück wünschen, die Frucht. Das war einfach zu schön.

Ähnliche Beiträge

comments powered by Disqus