25.2.2024

Drei Flaschen Les Terres Blanches

Wir bleiben an der Loire und trinken vom Weingut Les Terres Blanches den Chenin Blanc Les 3 Poiriers 2021 und die beiden Cabernet Franc Anjou Démon 2020 und Les Hautes Bruyères 2018.

Weil es so schön war in der letzten Woche bleiben wir einfach an der Loire. Wie praktisch, dass der Messeeinkauf (immer) noch hier rumsteht. Was sind schon ein paar Monate als Karton im Flur. Eben. Und Flaschen direkt aus dem Karton trinken, löst ungefähr das gleiche Glücksgefühl aus, wie Kleidung direkt vom Wäscheständer wieder anzuziehen. Dieses Gefühl, sich gerade Arbeit zu sparen, auf die man sowieso keine Lust hatte ist eben super. Mindestens genau so super wie uns die Weine von Les Terres Blanches auf der Perspektive Wein gefallen haben. Weil Messen aber oft so ein bisschen wie Urlaub sind und wir alle wissen, dass Wein, der im Urlaub noch großartig war, zu Hause nicht unbedingt ebenso großartig schmeckt, ist das auch eine gute Gelegenheit zur Wasserstandsklärung des eigenen Messegeschmacks. Zwei Fliegen mit einer Klappe also. Céline und Benoît Blet haben 2004 angefangen an der Loire im Anjou Wein zu machen. Aus anfänglich 5 Hektar sind inzwischen über 10 geworden. Die Bewirtschaftung ist biozertifiziert und die Beiden achten darauf, möglichst viel, wie das Heu, entweder selber zu erzeugen oder möglichst lokal einzukaufen. Drei Flaschen haben wir bestellt. Der Chenin Blanc Les 3 Poiriers aus 2021 wird sehr spät im September sehr reif gelesen und trocken ausgebaut. Auch die Cabernet Franc Trauben werden vollreif gelesen. Der Anjou Démon wird abgebeert und liegt dann einen Monat auf der Maische. Der Les Haute Bruyères wird ebenfalls von Stil und Stängel getrennt und liegt dann nach 6 Wochen auf der Maische noch für eineinhalb Jahre im Holzfass.

Die späte Lese merkt man dem Les 3 Poiriers durchaus an. Und nicht nur weil 14% auf der Flasche aufgedruckt ist. Da ist viel Kernobst, das ist dicht und intensiv in der Nase mit viel Würze und ein bisschen Klebstoff. Das ist schon wieder Streuobstwiese, aber viel mehr Birne als in der letzten Woche. Und insgesamt einfach mehr. Die Birne und ihr Kerngehäuse machen es sich dann auch auf der Zunge bequem und bleiben da ohne Anstalten zu machen je verschwinden zu wollen.

Am zweiten Abend ist der Chenin noch würziger. Insgesamt wirkt er jetzt reifer und noch ein bisschen intensiver. Die 14% wirken zwar null alkoholisch, aber sie dürften zu einem großen Teil dazu beitragen wie intensiv der Wein in Mund und Nase ankommt. Jetzt ist das viel mehr Strukturwein als Fruchtwein und mir gefällt das mindestens genau so gut wie am ersten Abend.

Der Démon hat direkt nach dem Korkenziehen extrem viel Frucht. Eine Mischung aus roten und schwarzen Beeren, Blaubeere, Brombeere, Kirsche. Und auch hier kommt dann Würze hinterher, die es aber zumindest an diesem ersten Abend nie so richtig schafft mit der Frucht mitzuhalten. Der Wein ist saftig und baut dann langsam mit jedem Schluck eine Schicht Pelz mehr auf der Zunge auf. Obwohl ich das sehr gerne trinke fehlt es mir fast ein bisschen an Grip.

Das klingt jetzt blöd, aber am zweiten Abend ist da mehr Cabernet Franc im Glas als am ersten Abend. Es wird struppiger, rustikaler, kantiger und irgendwie auch kräuteriger. Die Beeren verschwinden natürlich nicht, aber wo der Gerbstoff zuvor keine Chance gegenüber der Frucht hatte, ist das inzwischen ziemlich ausgeglichen und kippt eher in die entgegengesetzte Richtung. Wir mögen das sehr. Irgendwie ist es auch ein bisschen lustig, dass sich der Wein so entwickelt. Normal wird es ja eher weicher am zweiten Abend. Hier ist das mal so gar nicht der Fall. Wo am ersten Abend Saftigkeit und Tannin war, ist jetzt Tannin und Saftigkeit. Es wirkt reifer, aber nicht im Sinne von älter, im Sinne von erwachsener. Und irgendwie kühler, distanzierter. “Wie ein feuchter Herbsttag” murmelt es gegenüber. Recht hat sie.

Obwohl der Les Hautes Bruyères die exakt gleiche Rebsorte ist und nichteinmal weit davon entfernt wächst, ist es ein ziemlich anderer Wein. Die Frucht ist viel schwerer zu greifen, tiefer, komplexer. Da ist Vanille und Lösungsmittel. Kirsche und irgendwie auch keine Kirsche. Dicht und ineinander verwoben. Wir haben dieses “Ich weiß genau was das ist, aber komme nicht drauf” Gefühl. Zumindest beim Riechen. Weil auf der Zunge ist Blaubeere. Viel Blaubeere. Reif und süß und dann kommt das Tannin. Das ist gleichzeitig komplette Fruchtharmonie und Widerspenstigkeit. Holunder, Flieder und Würze. Das ist geschliffen und trotzdem auf diese Art und Weise rustikal wie es Cabernet Franc an der Loire so oft ist.

Und das bleibt genau so am zweiten Abend. Vielleicht weil der Wein schon ein paar Jahre auf der Flasche hatte um sich zu sammeln. Um dahin zu kommen, wo er jetzt ist. Und man kann nur hoffen, dass er in diesem Stadium noch eine ganze Weile bleibt. Weil das ist ziemlich großartig. Das ist insgesamt und dann auch für die unter 25 Euro, die das momentan kostet, ganz weit Vorne mit dabei was für mich persönlich Rotwein in den letzten Monaten angeht. Wenn man schlürft, dann merkt man übrigens erst wie viel Tannin auch hier eigentlich im Wein ist. Da zieht der Pelz die ganze Zunge entlang und mag erstmal gar nicht wieder verschwinden. Wenn man aber wie zivilisierte Menschen ganz normal trinkt, dann wird das von der ganzen Blaubeere einfach so davon gespült. Überhaupt diese Blaubeere. Die ist immer noch so intensiv wie direkt nach dem Aufmachen. Und ich mag Blaubeeren. Ich mag Blaubeeren wirklich sehr. Jedes mal wenn man die Nase ins Glas streckt, kommt etwas Neues daraus hervor. Es passiert einfach so viel. Man spürt bei allen drei Flaschen, dass sie reif gelesen wurden, dass sie intensiv sind. Deshalb steht auch auf allen Flaschen 14%. Trotzdem habe ich nie das Gefühl 14% zu trinken. Beim Les Hautes Bruyères vielleicht am wenigsten. Und, ich sag es immer wieder, wenn wir guten Cabernet Franc trinken, aber das ist irgendwie auch wie die urige Eckbank in der Lieblingskneipe. Es knarzt, ist direkt auf dem Holz auch ein bisschen unbequem, aber mit Sitzkissen der beste Platz der Welt. Alle drei sind richtig gute Weine. Aber der hier, der ist die Eckbank. Das macht was auf der Zunge und das macht was im Kopf. Man fühlt das vielleicht mehr als man es eigentlich schmeckt.

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