18.2.2024

Les Errances - Quand Fond La Neige 2021

Wir trinken eine Flasche Quand fond la neige, où va le blanc 2021 von Les Errances, ein Chenin Blanc von der Loire.

Wohin geht das Weiß, wenn der Schnee schmilzt? Oder eben “Quand fond la neige, où va le blanc”, wie der Wein in Gänze heißt. Die Frage wird Shakespeare zugeschrieben, so sicher ist man sich da aber wohl nicht. Und überhaupt ist mir das für einen Sonntag oder auch jeden anderen Wochentag deutlich zu philosophisch. Sowohl wohin das Weiß verschwindet, als auch wer das gefragt haben soll. Schon in der Schule musste da mangels Motivation regelmäßig eine Zusammenfassung irgendwo im Internet herhalten. Ich kann mich nicht erinnern, jemals irgendeine Literatur ganz gelesen zu haben. Sorry an die Lehrer. Irgendwie gut, dass es damals noch kein ChatGPT und Konsorten gab, ich wäre wohl noch fauler gewesen. Die richtigen Streber könnten jetzt auch noch interpretieren, ob die Pünktchen um die Augen auf dem Label Schnee sind und was da überhaupt passiert. Ich begnüge mich damit, es wirklich schick zu finden. Nur die Augen, die sind ein bisschen creepy. Ist letztenlich sowieso viel wichtiger, was in der Flasche steckt, und nicht so sehr, was drauf steht. Chenin Blanc ist das hier, von der Loire. Das mag ich zur Zeit echt gerne und, da wird es vielleicht doch ein bisschen philosophisch, manchmal frage ich mich, ob das daran liegt, dass Chenin wie auch Riesling von furztrocken bis Zuckerwasser und auch mit Blubber funktioniert. Und ob ich unterbewusst nicht doch eigentlich nur einen Rieslingersatz brauche. Aber heute darf auch diese Frage unbeantwortet bleiben. Dabei sind Chenin Blanc und Riesling in ihrer Aromatik dann auch zu verschieden.

Warren und Maïté Perrocheau machen erst seit 2017 unter dem Namen Les Errances Wein an der Loire. Erst mit zugekauften Trauben, inzwischen auch mit eigenen Weinbergen. Etwas über 5 Hektar rund um Rablay-sur-Layon, südlich der Loire, bewirtschaften die Beiden. Die Weinberge wurden vorher schon viele Jahre biologisch bewirtschaftet und werden es jetzt auch weiterhin. Die Chenin Blanc Reben stehen hier auf verschiedenen Schieferböden. Ja, Schiefer, ja, wie bei Riesling von der Mosel. Nein, es ist wirklich keinerlei unterbewusster Rieslingersatz. Ganz sicher. Die Trauben werden spontan vergoren, im Holzfass ausgebaut und dann mit möglichst wenig Schwefel gefüllt.

Der Wein ist intensiv und frisch in der Nase. Da ist Reduktion und da ist Streuobst und Quitte. Okay, auch Quitte ist irgendwie Streuobst, aber allzuviel Liebe erfährt die Quitte nun wirklich nicht. Ein Grund warum wir letztes Jahr einen Quittenbaum gepflanzt haben und das wiederum vielleicht ein Grund, warum ich diese wilde Streuobstnase so gerne mag. Da ist Reduktion, Stein und viel Struktur, viel mehr noch beim Trinken als nur beim Riechen. Limettensaft, frisch auf die Zunge gepresst und Stein. Das könnte auch ein Sour sein, so rein von dem, was auf der Zunge passiert. Da ist viel Spannung und viel Zug und gleichzeitig auch so etwas wie Süße und Honig in der Nase, das dann aber wieder von Struktur und Mineralik abgefangen wird.

Am zweiten Abend fühlt sich das erstmal süßer an. Die Reduktion verschwindet komplett erstmal. Mehr Honig und mehr Apfel als Quitte und auch eine gute Portion natural Funk. Wer wie ich erwartet, dass das Mehr an Süße auch in Richtung Zunge wandert, wird schnell eines Besseren belehrt. Süß ist da nämlich gar nichts. Da ist weiterhin ganz viel Limettensaft. Und dieser Kontrast aus Honig und Apfel in der Nase und der Zitrusfrucht auf der Zunge macht wirklich Spaß. Die Reduktion kommt dann im Laufe des Abends zurück, der Wein wird etwas karger, wieder würziger und steiniger in der Nase. Die Saftigkeit bleibt einfach bestehen. Obwohl das inzwischen zum x-ten Mal passiert, finde ich jedes einzelne Mal wieder Spaß daran. Die Entwicklung von etwas, das am Ende nur vergorene Trauben sind, über mehr als einen Abend hinweg im Glas zu beobachten. Das ist einfach spannend. Und auch zu sehen, was es mit einem selber macht. Außer betrunken natürlich. Wie man am einen Abend komplett abgeholt wird und am nächsten Tag den identischen Wein ganz langweilig finden kann. Oder wie der eigene Geschmack monatelang etwas total feiert nur um dann weiterzuziehen. Gerade zumindest feiert mein Geschmack das hier. Und zwar sehr. Mal schauen wohin es als nächstes geht.

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