31.3.2024

Keltis - Sivi Pinot 2020

Wir trinken aus Slowenien eine Flasche Keltis Sivi Pinot 2020, ein Orangewein aus Grauburgunder.

Augen auf bei der Weinauswahl. Irgendwie dachte mein Unterbewusstsein beim Rauskramen dieses Weines, dass das hier Rotwein sein müsste. Offensichtlich ist dem nicht so, und inzwischen weiß ich auch, dass Sivi Pinot übersetzt einfach Grauburgunder heißt. Immerhin in der Art der Weinmachung lag ich unbeabsichtigt richtig, da dieser Grauburgunder sechs Tage lang auf der Maische verbringt und damit näher an Rotwein als an Weißwein ist. Und da Grauburgunder ja sowieso relativ dunkle Beerenhäute hat, ist Orange hier nicht nur die Weinart sondern auch eine wunderbar passende Farbbeschreibung für das, was man sich da ins Glas schenkt. Bizeljsko ist eine Unterregion im Weinbaugebiet Posavje im Osten von Slowenien an der Grenze zu Kroatien. Marijan Kelhar macht hier seit den 80er Jahren Wein, inzwischen ist Sohn Miha auch mit an Bord. Die Familie besitzt etwa 24 Hektar Land von denen nur fünf mit Reben bestockt sind, die restliche Fläche sind Wald und Weiden für die Kühe. Das gesamte Land wird biologisch bewirtschaftet und die Reben für diesen Wein stehen auf Schiefer, Lehm und Sandsteinböden. Es wird natürlich von Hand gelesen, in diesem Fall mit einem Anteil an Botrytis in den Trauben. Dann folgen die angesprochenen sechs Tage auf der Maische, spontan, ohne Hefezusatz, um anschließend ein Jahr in gebrauchten 500 Liter Fässern zu reifen bevor es mit einem kleinen bisschen Schwefel auf die Flasche geht.

Da ist Honig in der Nase, etwas Erdiges, aber auch rote Frucht, etwas Rauch und frisches Holz. Klebstoff ist da auch, aber trotz des Klebstoffes wirkt der Wein sehr sauber und irgendwie auf eine interessante Art klar. Genau so trinkt er sich dann auch. Massiver Zug, frisch, mit ganz feinem Gerbstoff. Das Alles bleibt lange auf der Zunge liegen und noch ewig nachdem der Wein eigentlich schon aus dem Mund verschwunden ist, schmeckt es nach Waldhonig. Das ist tatsächlich auch vom Mundgefühl viel näher an Rot als an Weiß, blind vermutlich sogar ziemlich eindeutig Rot. Aber wie schon angesprochen, ist Grauburgunder mit seinen dunklen Schalen da ja sowieso auf halbem Weg dahin. Obwohl ich Orangeweine gerne mag, trinken ich sie relativ selten. Das liegt einfach daran, dass das oft leider ziemlich anstrengend oder unsauber wird. Das führt dann gewissermaßen zu einer Einstiegshürde, die eine Flasche erstmal überspringen muss. Das erfordert ein mentales Setting, eine Einstellung, die schon vorher anfängt abzupuffern, falls es mal wieder nicht passt und sich die Ersatzflasche im Prinzip schon mitausgesucht hat. Alternativ funktioniert ganz offensichtlich auch, nicht zu wissen, was da in der Flasche ist, die man gerade aufzieht. Anstrengend ist hier aber sowieso nichts. Der Wein ist natürlich ungewohnt und anders und natürlich irgendwie auch wild. Aber gleichzeitig ist das auch so sauber, so klar und trinkig, wie man es nicht ganz so oft in so einem Wein findet.

Nach einer Nacht im Kühlschrank wird der Wein noch dunkler in der Farbe. Wie wenn man ganz lange kein Wasser mehr getrunken hat und dann… aber lassen wir das. Da ist jetzt schwarzer Pfirsich-Eistee ohne Zucker in der Nase, saftig, frisch und immer noch total klar. Ich bin mir nicht mehr so sicher, wo man das blind einsortieren würde, aber eigentlich ist das auch überhaupt nicht wichtig. Ein weiteres Problem, das ich mit Orangewein im Speziellen habe ist, dass sich für mich persönlich der Gerbstoff am zweiten Abend oft deplaziert anfühlt, so als wären Wein und Tannin keine Einheit mehr. Natural-Rote haben das auch öfter mal. Aber auch bei diesem Thema Entwarnung. Alles bleibt zusammen, dicht, frisch und ist inzwischen auch mit ziemlich knackiger Säure auf der Zungenspitze ausgestattet. Das ist vielleicht der Wein, der am meisten Orange ist, und den ich trotzdem Orange-Skeptikern empfehlen würde. Das ist einer dieser Weine, bei denen ich mir sicher bin, dass man, auch wenn man ihn nicht mag, anerkennen wird, wie gut der Wein gemacht ist. Man hat das Gefühl, dass der Winzer genau wusste, was er da machen will und es dann auch genau so geklappt hat. Low-Intervention hin, Low-Intervention her, der Winzer stellt am Ende eben doch die Weichen, entscheidet, lenkt und dirigiert. Die Entscheidung in einem Moment nichts tun zu wollen, ist eben auch eine Entscheidung, und vielleicht eine, die noch mehr Vorarbeit braucht, als dann korrigierend Einzugreifen. Und hier hat das extrem gut funktioniert.

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