28.4.2024

Kunoh Wines - Summer Snowflake 2019

Schon wieder ein Orange. Dieses mal trinken wir vom anderen Ende der Welt eine Flasche Summer Snowflake 2019 von Kunoh Wines.

Schon wieder Orange. In letzter Zeit taucht die vierte Weinfarbe erstaunlich häufig in unseren Gläsern auf. Manchmal, weil ich schlicht nicht richtig gelesen habe, was da eigentlich in der Flasche ist, und manchmal auch mit Absicht. Diese Flasche war hauptsächlich Absicht und nur ein kleines bisschen innerer Schwabe. Die Zusammensetzung der Sorten liest sich auf jeden Fall ziemlich wild. Es sind 65% Gewürztraminer, 20% Grauburgunder, 10% Riesling und schließlich 5% Viognier im Wein. Davon werden etwas über zwei Drittel auf der Maische stehen gelassen und die verbleibenden Trauben erst mit Stil und Stängel vergoren und dann komplett gepresst. Anschließend landet das Alles im Edelstahl für 10 Monate und kommt dann ohne Filtration und ohne zugesetzten Schwefel auf die Flaschen. Obwohl auf der Flasche Field Blend steht, was hierzulande ein gemischter Satz wäre, sind die verschiedenen Jahrgänge in ihren Zusammensetzungen sehr unterschiedlich. Ob und wie viel davon also gemeinsam wächst und verarbeitet wird kann ich deshalb nicht sagen. Gewürztraminer als Hauptrebsorte in der Cuvée mit Maischegärung für über 30 Euro ist jetzt auch nicht unbedingt mein Beuteschema um ehrlich zu sein. Hübsch sieht die Flasche aber schon aus, zwei niedliche Kiwis turnen übers Etikett und dann standen da auch noch ein großer Oster-Lagerräumungsrabatt in der Freiheit neben dem Preisschild (das ist der Anteil innerer Schwabe am Flaschenkauf) und ein bisschen neugierig war ich schon auch. Warum also nicht. Yuki Nakano kommt aus Japan und hat dort als Sommelier gearbeitet. Dabei und während seiner Weinreisen hat ihn das Weinfieber so sehr gepackt, dass er selber Wein machen wollte. Erst in Australien auf einem Weingut, dann im Norden der Südinsel von Neuseeland rund um Nelson. Dort bewirtschaftet er im Nebenerwerb etwa drei Hektar von denen seine eigenen Weine kommen. Und wo andere Leute Weine machen, die sie selber gerne trinken würden, macht er Weine, die er gerne mit Essen pairen würde. Den Sommelier wird man wohl genauso schlecht los wie den inneren Schwaben.

Ich mag die Farbe, irgendwie erinnert mich das an Tee. Riechen tut der Wein nach einer Mischung aus Tonic und Klebstoff mit ein paar Tropfen Honig und ein bisschen Frucht. Das ist intensiv aber sehr schwer zu greifen. Im Mund ist der Wein furztrocken. Wirklich trocken. Und dann bleibt da auf der Zunge das zurück, was nach einem Schluck Islay liegen bleibt, oder nach Mezcal. Und wenn man das so auf der Zunge hat, dann wandert der Rauch auch ins Glas. Und wenn man dann noch einen Schluck nimmt ist da plötzlich Pfirsich und viel Saftigkeit hinter dem Rauch. Das ist wahnsinnig gut und mal wieder so etwas, das ich so noch nie getrunken habe. Ganz anders als bei Whisky ist im leeren Glas keine Spur mehr von Rauch und es riecht wie ein sehr fruchtiges Tonic Water. Je mehr Sauerstoff durch Glas zieht, desto weniger wird die Rauchnote insgesamt. Und obwohl das wild klingt, ist das vielleicht der sauberste Orangewein, den ich je getrunken habe. Mit mehr Abend geht der Rauch noch weiter zurück und jetzt schmeckt das wie Pfirsich-Eistee mit Struktur. Wild.

Und auch mit einer Nacht im Kühlschrank ist das mehr Stirnrunzler als Alltagswein. Es erinnert an Amaro, an Mezcal, an Schwarztee und Pfirsich und an Sandelholz. An die dicke Schale von Zitrusfrüchten, an Kumquats und dahinter kommt dann die Duftigkeit, die man eigentlich von Gewürztraminer viel deutlicher erwarten würde. Und dann im Mund blitzeblank, glasklar und fein. Wie sauber die Säure ist, und wir sind hier am zweiten Abend, der Angstabend beim Orangeweintrinken. Wie da kein Gerbstoff ist und trotzdem viel Struktur. Das ist überhaupt nicht Orange und gleichteitig komplett Orange. Und wenn man wirklich viel schwenkt, dann kommt Islay zurück. Ein faszinierender Wein, ein wirklich faszinierender Wein. Nicht für jeden Tag, klar, auch nicht für jede Woche. Aber das ist vielleicht der beste maischevergorene Weißwein, den ich je getrunken habe.

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