Franz Keller - Enselberg 2018
Weiter geht es mit Spätburgunder aus Baden mit dieser Flasche Enselberg 2018 GG vom Weingut Franz Keller.
Sagen wir einfach, dass das von Anfang an so geplant war, dass die hinteren beiden Flaschen Pinot aus Baden einen thematischen Bogen zu den ersten beiden Flaschen schlagen. Auf gar keinen Fall war das Zufall, der mir selber erst jetzt gerade aufgefallen ist. Niemals. Wie schon erzählt, wollte ich eigentlich nur mal ein paar Weinen aus 2018 an den Korken und da hat sich das mit dieser Flasche Enselberg aus eben diesem Jahr halt so ergeben. Dass Friedrich Keller, der inzwischen die Weine im Weingut Franz Keller verantwortet, auch maßgeblich an den Weinen vom Klotz beteiligt ist, ist jetzt ein schöner Bonus. Die Trauben für den Wein wachsen am Kaiserstuhl im Jechtinger Enselberg auf Vulkanböden. Auf diesem steht prominent noch GG in der Mitte des Etiketts, wer den Wein aus aktuellen Jahr kaufen will, wird an dessen Stelle jetzt stattdessen 1G finden. Das, was jahrelang der Einstieg in die Welt der großen Gewächse im Weingut Franz Keller war, wird jetzt als erste Lage vermarketet um die Spitze noch deutlicher hervorzuheben. Und auch das ist irgendwie ziemlich passend an diesem Wochenende, an dem sich die deutsche Weinwelt in Wiesbaden versammelt um die neuen GGs zu probieren. Den Vorwurf von zu vielen Weinen, die ihrer Klassifikation vielleicht nicht ganz gerecht werden und von zu vielen GGs in einigen Weingütern, den hat man in den letzten Jahren ziemlich häufig gelesen. Fakt ist, dass ich Wein weder mache, noch mein Kontostand davon abhängt, wie gut ich anderen Menschen erklären kann, warum Weingut X 14 mal GG auf der Flasche stehen hat, Weingut Y aber nur 2 mal und warum es da oben drüber dann vielleicht doch noch einen Wein gibt, ganz ohne GG auf der Flasche, aber aus dieser einen ganz tollen Parzelle, und was das alles mit einer Pyramide zu tun hat. Deshalb denke ich, dass meine Meinung zum Thema ziemlich irrelevant ist. In Kürze denke ich, dass Pyramiden oben immer spitzer werden und das bei Qualitätspyramiden dann auch so sein sollte. Wenn das umgekehrt, und gerade bei deutschem Pinot, dann bedeutet, dass ich mir diese Spitze nicht mehr leisten kann oder will, dann ist das eben so. Ich kann oder will mir ja auch tausend andere Sachen nicht leisten. Und so ein kleines bisschen ist es mir ganz persönlich tatsächlich völlig egal, ob GG oder 1G oder Landwein auf die Flasche gedruckt wird. In dieser Flasche sind übrigens knapp unter einem Drittel ganze Trauben mit vergoren worden und der Wein wurde im Barrique mit einem Anteil von 40% neuen Fässern ausgebaut.
Der Wein riecht im ersten Moment erstmal struppig. Das kann gut oder schlecht sein, hier ist es ziemlich gut. Das stinkt auch ein bisschen, so zwischen Tierstall und nasser Erde, und auch das ist nicht immer ein Kompliment, hier aber schon. Da ist Frucht, da ist Unterholz und dann kommen Gewürze. Die Art von Gewürz, die man ins Schmorgericht wirft, also Piment, Wachholderbeeren und Lorbeerblatt. Nur ohne die Wärme, die so ein Schmorgericht mitbringt. Der Wein ist kühl, fein und irgendwie fordernd, einnehmend und eher nichts für nebenher. Großartig ist das aber auch und das vom ersten Schluck an. Saftig mit viel Kirsche und einem kleinen bisschen Tannin hinten raus. Immer wieder beeindruckend, wie so feine, kühle Weine aus einem Jahr wie 2018 geholt werden. Und diese Flasche ist ja nicht nur 2018 sondern auch noch mit kaiserstühler Sonnenstunden gesegnet.
So richtig viel Veränderung passiert nicht über Nacht. Die Kirsche wird ein bisschen saftiger, der Grip grippiger und insgesamt packt der Wein einfach mehr zu. Mehr Kante, mehr Säure, mehr Biss. In der Nase ist das ganz ähnlich zu dem, was ich am ersten Tag geschrieben habe. Das passt aber ganz gut, dass sich nicht so viel tut, weil wir an diesem zweiten Abend sowieso nur ein geteiltes Probierglas unterbekommen.
Der verbliebene Inhalt musste sich noch eine weitere Nacht in Geduld üben. Dem charmanten Stinker zwischen Tierstall und Waldboden hat es nicht geschadet. Ich bin ziemlich beeindruckt, wie der einfach stoisch über alle drei Abende in ähnlicher Intensität aus dem Glas kommt. Normalerweise ist diese Note ja die Erste, die sich verabschiedet. Nicht so in diesem Fall. Erst ganz spät in den letzten Schlücken geht das dann zurück und ich muss sagen, so ganz ohne würde dem Wein wirklich etwas fehlen. Der Gerbstoff ist nochmal einen Touch weicher geworden, fast samtig jetzt und die Frucht ist noch fruchtiger. Wir sind fast bei Wohlfühlwein angekommen, aber wirklich nur fast. Jedes einzelne Glas aus dieser Flasche war vom ersten bis zum letzten Schluck toll. Die letzten beiden Wochen hatten wir schon fantastische Weine im Glas und das hier ist keine Ausnahme. Kostet ja auch ganz ähnlich wie der Vulkan von Wasenhaus in der letzten Woche und kommt auch aus der selben Region. Der Wasenhaus ist vielleicht ein bisschen struppiger, der Keller ein bisschen mehr Tierstall, beide Weine sind aber wirklich, wirklich gut. Ich würde auch beiden noch ganz entspannt weitere 5 Jahre im Keller zugestehen. Wenn man die sonstige Preisentwicklung bei deutschem Spätburgunder so beobachtet, bin ich fast verleitet zu schreiben, dass das ja quasi ein Schnäppchen sei. Bei inzwischen um die 40 Euro finde ich das aber irgendwie albern. Beide Flaschen sind auf jeden Fall gut genug, dass das Kribbeln in den Fingern, doch noch ein bisschen höher ins Regal greifen zu wollen, verschwindet, fast zumindest. Und ganz egal, ob das der Einstieg in die GGs bei Franz Keller ist, oder jetzt eben eine Stufe darunter liegt, der Wein ist richtig gut. Und mehr braucht er gar nicht zu sein.