25.5.2025

Franz Keller - Drei Dörfer 2022

Wir trinken eine Flasche Drei Dörfer 2022 vom Weingut Franz Keller vom Kaiserstuhl in Baden.

Auf einem Holztisch steht eine Flasche Drei Dörfer von Franz Keller. Im Hintergrund sind ein Weinglas und ein Bücherstapel zu sehen, im Vordergrund liegt der Korken am Kellnermesser.

Ein Geheimtipp ist dieser Wein garantiert nicht mehr, so oft wie ich die Flasche schon gesehen habe. Aber das macht ja nichts. Neu ist er nämlich immer noch, denn 2022 ist erst der zweite Jahrgang der vom Drei Dörfer Chardonnay gefüllt wird. Im Weingut Franz Keller am Kaiserstuhl werden bei Neupflanzungen inzwischen fast ausschließlich Chardonnay oder Spätburgunder gepflanzt. Doch bis eine Rebe überhaupt Früchte bringt, vergehen schon ein paar Jahre und bis die Rebe dann Früchte bringt, die den Charakter einer Lage zeigen dauert es noch länger. Was also tun? In diesem Fall wandern die Chardonnay-Trauben aus drei verschiedenen Lagen in drei verschiedenen Dörfern gemeinsam in diesen Wein. Nicht wirklich schwer zu erraten bei diesem Namen. In diesem Fall sind die Lagen der Achkarrer Schlossberg, vom VDP als große Lage klassifiziert, der Jechtinger Eichert, erste Lage, und der Schelinger Ohrberg, der noch nicht eingestuft wurde. Die Reben sind, wie schon angedeutet, relativ frisch gepflanzt und stehen in allen Lagen auf vulkanischen Böden. Kaiserstuhl eben. Passend zu den drei Dörfern werden drei verschiedene Etiketten aus einem dreiteiligen Gemälde auf die Flaschen geklebt. Wer also den kompletten Satz auf dem Schrank stehen haben will, der darf ein bisschen die Sammelkartenleidenschaft aus Kindertagen wiederbeleben. Ein bisschen teurer als damals vielleicht, da helfen auch junge Reben und der Ortswein nicht. Der Wein wird im kleinen Holzfass vergoren und für ein Jahr ausgebaut und liegt anschließend noch ein halbes Jahr im Tank auf der Feinhefe bevor er auf die Flasche gezogen wird.

Erstmal muss man am Holz vorbei, das die ersten Momente komplett in Beschlag nimmt, dann aber Schritt für Schritt zur Seite rückt. Dahinter folgt leicht gelbe, eher dunkelgelbe Frucht, die schön und intensiv ist, aber ehrlicherweise auch nicht besonders spektakulär. Zumindest solange man noch nicht getrunken hat. Auch da startet es mit holziger Struktur. Dann kommt richtig Zug in den Wein, der salzig, steinig die Zunge greift und von einer feinen Cremigkeit und Frucht abgelöst wird. Und während man den Wein zwischen Zunge und Gaumen hin und her spült wird er in der Nase immer kräuteriger. Weine an denen man lieber riecht als trinkt haben ja den unschlagbaren Vorteil, dass das Glas sehr lange hält. Darauf kann man sich hier leider nicht verlassen, denn das, was da beim Trinken passiert ist nichts weniger als großartig. Und so muss sich der geneigte Trinker entweder in Zurückhaltung üben oder eben die Entwicklung der nächsten Tage schlicht verpassen. Wer Strukturwein auch nur im entferntesten etwas abgewinnen kann, der wird in jedem Fall viel Spaß haben mit dieser Flasche.

Wir können das mit der Zurückhaltung inzwischen ganz gut und planen zwei weitere Abende mit dem Wein. Tag Zwei ist weicher als am ersten Abend. Die große Veränderung sucht man aber vergeblich. Aber gerade bei so jungen Weinen ist das auch nicht besonders verwunderlich. Da ist so viel Reserve im Wein, dass der sich von so ein paar Stunden Sauerstoffkontakt nicht wirklich aus der Ruhe bringen lässt. Es ist mehr Frucht da und die Kräuterigkeit muss nicht erst durchs Holz an die Nase vordringen, die hat man jetzt sofort. Die salzig-kernige Struktur ist genauso gut wie schon am Tage zuvor. Ich verstehe inzwischen warum ich die Flasche so oft an mir vorbei ziehen gesehen habe.

Der Plan des Glases am dritten Abend fällt ins Wasser. Oder viel mehr ins Gleisbett, denn die Bahn war in der Praxis mal wieder anderer Meinung als im Fahrplan und wir deshalb deutlich später zu Hause als eigentlich angedacht. So hatte der Sauerstoff noch einen Tag mehr Zeit auf den verbliebenen Rest einzuwirken. Was viele Restschlücke vor Herausforderungen stellt, lassen die drei Dörfer gelassen über sich ergehen. Tag vier riecht reifer jetzt, gerade die Frucht ist inzwischen deutlich mehr Kumquatt als gelb. Das Holz ist noch weiter im Hintergrund. Es ist aber nicht weniger Struktur geworden, die scheint jetzt mehr aus dem Extrakt als aus dem Holz zu stammen. Egal wie sich über die letzten Tage die Aromen verschoben haben, egal, was mal weiter vorne steht oder weiter nach hinten getreten ist, die Balance und Frische waren nie weg. Man hat das Gefühl, dass Alles die Plätze tauschen kann ohne sich je im Weg zu stehen. Das ist beeindruckend, noch mehr weil der Wein so jung ist. Gerade da ist dann oft mal ein Abend Findungsphase dabei. Hier nicht. Das ist ausdauernd gut und wenn das als Indikator für die nächsten Jahre herhalten kann, dann zuckt mein Kaufen-Finger ganz gewaltig. Was ein Chardonnay und einer, der mindestens die Frage anreist, ob Reben eigentlich alt sein müssen.

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