WongAmat - Bürgel 2021
Aus Rheinhessen trinken wir eine Flasche WongAmat Bürgel Spätburgunder aus dem Jahr 2021.

Nicht nur im Burgund werden von frisch gegründeten Weingütern und Projekten hippe Weine in kleinen Auflagen auf Flaschen gezogen. Deutschland kann das auch. Eines dieser Projekte beziehungsweise Weingüter ist WongAmat. Unter diesem Namen produziert Jan Raumland seit 2019 eigene Weine. Erst nur für Familie und Freunde, später dann auch für den Verkauf. Der Name ist eine Homage an seine thailändische Herkunft und den Familiennamen Wongse-Amatyakul. Jan hat eigentlich keinen Weinhintergrund, aber schon früh die Liebe zum vergorenen Traubensaft beim Jobben in der Gastronomie entdeckt. Über Praktika, einer Lehre bei Emrich-Schönleber, einer Station bei Kellers und Auslandsaufenthalten lernt er in Südafrika Katharina Raumland kennen. Da er inzwischen selber Raumland als Nachnamen hat, ist es nicht besonders schwer zu erraten, wie die Reise weiterging. Es ist ebenfalls kein Geheimnis, dass Wein im Hause Raumland sprudelt. Die Idee einen eigenen Rotwein zu keltern hat Jan aber nie losgelassen und so hat er mit ein paar Zeilen im Dalsheimer Bürgel angefangen Pinot zu machen. Dazu gesellt sich nur kurze Zeit später ein Weinberg im Kriegsheimer Rosengarten. Zu diesen zwei Pinots gibt es noch einen Cabernet Franc aus dem württembergischen Untertürkheimer Herzogenberg, der den Wöhrwags gehört, die wiederum mit den Raumlands verwandt sind, und eine Cuvée aus Cabernet Franc und Sauvignon in einem Solera-ähnlichen Verfahren.
Vom Bürgel wurden 2020 nur 400 Flaschen gefüllt, 2021 waren es dann 994 und in dieser Größenordnung, zwischen 900 und 2000 Flaschen, bewegt sich inzwischen die Produktion aller vier Rotweine. Den Bürgel kann man übrigens auch auf den Etikett als gelbe Fläche erahnen, das den Blick über den Garten des Weinguts einfängt. Der Weinberg ist vom VDP als große Lage klassifiziert und die Reben stehen hier mit Ostneigung auf Kalk- und Tonböden und ist dank seiner Ausrichtung eine der kühleren Lagen in Rheinhessen. Wobei Hangneigung hier in Rheinhessen natürlich in kleineren Abstufungen gemessen wird als in anderen Regionen des Landes. Jan bewirtschaftet die Weinberge ökologisch und er vergärt den Bürgel mit etwas unter einem Drittel ganzer Trauben. Anschließend wird der Wein für 14 Monate im Barrique ausgebaut. 2021 war kein warmes Jahr, aber die 11,5 Volumenprozent Alkohol, die letztendlich in der Flasche sind, sind auch für 2021 ziemlich schlank.
Die ersten paar Minuten passt schlank auch ganz gut zu dem was man riecht. Viel ist das nämlich nicht. Gut Ding will Luft haben. Dann kommen Kirschen dazu, matschige Beeren und eine würzige, leicht rauchige Note, die irgendwie an das erinnert, wonach Gewürze riechen, die man trocken in der Pfanne anröstet, kurz bevor sie anfangen intensiv nach sich selbst zu riechen. Für den wenigen Alkohol ist der Wein inzwischen erstaunlich intensiv in der Nase geworden und auch die Säure ist zurückhaltender als ich das vermutet hätte. Das ist saftig, mit Beeren, die auf der Zunge eher unreif als matschig sind. Ich rieche gerade lieber ins Glas, als dass ich trinke, was gegenüber am Tisch mal wieder auf Unverständnis trifft.
Am zweiten Abend reicht es uns aus organisatorischen Gründen nur zu einem kleinen Probierschluck. So eine Radtour kann einem ganz schön tief in den Knochen stecken und mehr als den Probierschluck halte ich ob der vermuteten regenrationshemmenden Wirkung für keine besonders gute Idee. Der eine Schluck hat aber deutliche Fortschritte gemacht. Es ist direkt mehr Tiefe im Wein, mehr Frucht, viel Kirsche, Dreck, etwas Ätherik und schwarzer Pfeffer. Das drängt alles zusammen die Würze und den Rauch in den Hintergrund. Ich freue mich auf Abend drei. Deutlich mehr als auf den unvermeidlichen Muskelkater.
Am dritten Abend sitzt neben der Kirsche noch rote Johannisbeere und die Würze ist voll da. Die Unreife der Beeren ist am Gaumen komplett verschwunden. Der Wein ist unglaublich saftig, hat Struktur und Würze bis ganz hinten auf die Zunge. Das ist richtig gut jetzt und Tag drei setzt sich mit weitem Abstand an die Spitze. Der Wein brauchte die beiden Tage und ich bin ein bisschen froh um den Muskelkater, denn dank dem ist ein Großteil in der Flasche geblieben, so dass wir heute richtig zulangen können. Ich hätte die leicht unreife Struktur und den dürren Anfang sonst auf den wenigen Alkohol und die vielleicht frühe Ernte geschoben und nicht auf den mangelnden Sauerstoffkontakt oder fehlende Zeit in der Flasche. Und ich weiß auch nicht, ob der Wein dann überhaupt hier aufgetaucht wäre. Je mehr man den Wein über die Zunge zieht, desto texturierter wirkt er und desto mehr Kirschsaft bleibt liegen. Unreif ist da nichts mehr. Klar, schlank ist er nach wie vor, das wird er auch immer bleiben und ist so auch als Stil gewollt. Aber es fehlt jetzt nichts mehr. Wenn die drei Tage ein Vorgriff auf die kommenden Jahre sind, was ich ja regelmäßig unterstelle, dann bleibt nur wieder mal der Tipp entweder viel Zeit mitzubringen oder ein paar Jahre zu warten. Es wird es wert sein.