22.6.2025

Heymann-Löwenstein - Uhlen Blaufüsser Lay 2020

Wir trinken diese Woche eine Flasche Riesling von der Terrassenmosel: Vom Weingut Heymann-Löwenstein den Uhlen Blaufüsser Lay aus 2020.

Auf einem Holztisch steht eine Flasche Uhlen Blaufüsser Lay 2020 Riesling von Heymann-Löwenstein. Im Hintergrund sind ein Weinglas und ein Bücherstapel zu sehen.

Ganz, ganz am Anfang der Schreiberei hier ist Heymann-Löwenstein sogar gleich zwei mal im Blog aufgetaucht. Und dann irgendwie nicht mehr. Das liegt aber nicht daran, dass ich die Weine nicht mehr getrunken hätte, es liegt viel mehr am eigenen, völlig kaputten Zeitgefühl, das mir immer “das hatten wir doch erst” ins Ohr flüstert. Denn insbesondere der damals getrunkene Uhlen R hat uns über die letzten Jahre immer wieder abgeholt und liegt auch für hier noch irgendwann auf Wiedervorlage, denn bisher ist er noch bei jedem Wiedersehen besser geworden. Ich bin fest überzeugt, dass der Schraubverschluss, unter den alle Weine im Weingut gefüllt werden, einen gebührenden Anteil hat. Ist zwar nicht sexy, aber dafür zuverlässig. Aber nicht nur der Schrauber bildet eine Klammer zurück zum Uhlen R, auch der Weinberg tut das.

Die Terassen des Uhlen liegen, daher der Name, an der Terrassenmosel zwischen Winningen und Kobern kurz vor Koblenz. Einer der Moselabschnitte, die noch auf der ToDo-Liste stehen was einen persönlichen Besuch angeht. Immerhin sehen wir in Esslingen ja praktisch vor der Haustüre wie spektakulär steile Terassenlagen aussehen. An der Mosel wurzeln die Reben dann allerdings in verschiedenen Schieferböden. Die etwa 17 Hektar des Winninger Uhlen jedenfalls (es gibt auch noch den Koberner Uhlen weiter flussaufwärts) sind ihrerseits nochmal in verschiedene Sub-Lagen unterteilt. Das sind Laubach, Blaufüsser Lay und Roth Lay, die jeweils eine unterschiedliche Zusammensetzung des Schiefers beherbergen. Der Blaufüsser Lay, mehr oder weniger direkt unterhalb der Moseltalbrücke gelegen, besteht aus, der Name lässt es vermuten, eher blau-grauem Schieferboden und schaut gen Süd-Westen mit Hangneigungen teilweise weit jenseits der 100%, also deutlich über 45°. Die Reben wachsen hier an Drahtrahmen quer zum Hang. Warum das so ist und warum sie eben nicht am traditionellen Einzelpfahl angebunden sind, das lässt sich, wie ganz viel mehr auch noch, am besten auf der Seite des Weinguts nachlesen. Eine unglaubliche Menge Handarbeit steckt natürlich trotzdem im Wein und auch im Weinberg. Die Trauben werden, wie alle Trauben im Weingut, spontan vergoren und anschließend für eineinhalb Jahre im großen, gebrauchten Holzfass auf der Hefe ausgebaut bevor der Wein unter dem Schraubverschluss landet.

Die ersten Momente nach dem Entfernen des selbigen sind tatsächlich erstmal schwierig. Nicht so sehr beim Riechen, die typisch schiefrige Moselreduktion ist super, aber beim Trinken wirkt der Riesling leicht bitter und irgendwie unausgeglichen. Glücklicherweise war der Riesling sowieso nicht zum Essen eingeplant, Riesling und Essen ist ja oft schwierig, und darf deshalb für die nächsten Stunden im Kühlschrank abtauchen und über sein Dasein nachdenken. Die Reduktion verliert er dabei nicht, es kommen aber Steinobst, Waldhonig und der Geruch nach Meer dazu. Das ist würzig und sehr dicht in der Nase. Die Bitternote ist inzwischen wirklich fast verschwunden, da ist Säurezug, Struktur und hinten raus die Herbe von Waldhonig, der lange auf der Zunge liegen bleibt gemischt mit etwas Süße. Ich habe keine Ahnung wie durchgegoren der Wein tatsächlich ist und ob der Eindruck aus dem Extrakt und der Frucht kommt oder tatsächlich von etwas Restzucker im Wein, aber dass ich kein Trockenfetischist bin, hatten wir die letzten Wochen ja schonmal. Auch hier steht es dem Wein hervorragend. Mit jedem Schluck schafft das Steinobst der Nase den Sprung auf die Zunge ein bisschen mehr.

Ganz ablegen kann er den Bitterton auch am zweiten Abend nicht. Wer da empfindlich ist oder das einfach nicht mag, für den ist der Wein gerade wohl eher nichts. Ich finde, dass es mit dem restlichen, jetzt offeneren Aroma eine schöne Balance findet. Da ist Feuerstein, der Honig, gelbe Frucht und die dunkle, kräuterige Würze, die ich beim Namen Heymann-Löwenstein immer als erstes im Kopf habe. Denn jedes mal wenn mir die Weine über den Weg laufen, sei es am heimischen Esstisch oder irgendwo bei einer Verkostung, dann haben sie immer diese eher dunkle Mineralik als Rahmen über der Kollektion. Und diese Flasche hier hat das jetzt auch.

Das Bittere tritt am dritten Abend noch einen weiteren kleinen Schritt nach hinten. Eigentlich bin ich mir gar nicht so sicher, ob es nicht komplett verschwunden ist jetzt und ich mir wegen der ersten beiden Tage den winzigen Rest nicht einbilde. Vielleicht ist der Wein gerade doch in einer eher schwierigen Reifephase und man sollte ihm ein bisschen mehr Zeit gönnen. Vielleicht ist das auch einfach Teil des Jahrgangs und dieses Weins. Viel Luft würde ich aber in jedem Fall empfehlen. Ausnahmsweise hat es sogar eine zweite Flasche zu mir geschafft, so dass ich diese Hypothese in ein paar Jahren selbst überprüfen kann. Dank Schraubverschluss sehe ich dem entspannt entgegen. Die Frucht ist exotischer an diesem dritten Abend, mehr Ananas als Steinobst, was zusammen mit der kräuterigen Würze wirklich toll ist. Für mich ist dieser Abend mit einigem Abstand der Beste. Es ist saftig, balanciert, mit Tiefe, Druck und viel Frische. Ich freue mich auf die zweite Flasche. In drei Jahren vielleicht, mal schauen, was die Geduld so hergibt.

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