8.6.2025

Zwei Flaschen Globo Vultur

Wir trinken zwei Weine aus Chile: Von Vultur Wines aus der Globo Vultur Serie eine Flasche Carménère 2022 und eine Flasche Petit Verdot 2020.

Auf einem Holztisch stehen zwei Flaschen Rotwein von Globo Vultur, ein Petit Verdot und ein Carménère, beide mit einem Heißluftballon auf dem Etikett. Im Hintergrund sind ein Weinglas und ein Bücherstapel zu sehen, im Vordergrund liegen die beiden Korken und ein Kellnermesser.

Die ursprüngliche Idee unsere Rheinhessen-Nachlese, direkt im Anschluss an die Weine von Achenbach, mit diesen beiden Flaschen zu beenden, wurde von Paketdienst, Schwerkraft und Erdoberfläche verhindert. Wer genau aufs Bild schaut, der kann an der rechten Seite des Petit Verdots noch fleckige Überreste vom Carménère erkennen. Dafür, dass eine Flasche Rotwein zu Bruch ging, sehen und sahen die restlichen Etiketten tatsächlich erstaunlich frisch aus. Karton saugt wohl einfach gut. Ein Glück mag Mama süße Huxelrebe und so konnte sich eine weitere Flasche Carménère undercover auf den Weg gen Württemberg machen, denn einzelne Flaschen nachschicken finde ich total affig. So war es dann ein kompletter Karton und alle sind glücklich. Mama ob der Huxelrebe und ich, weil ich meine Nachlese doch noch wie geplant beenden kann. Wenn auch mit etwas Verspätung. Wir sind natürlich nicht nach der Maxime Open noch kurz über den großen Teich geflogen um da auch Weine zu verkosten, die Verbindung nach Rheinhessen ist eine Andere. Conni Achenbach ist Chilenin und so importieren die Achenbachs ein paar Weine von dort um das eigene Sortiment zu erweitern. Wir trinken super selten Wein aus Chile und so haben sich diese beiden Flaschen schon bei der ersten Bestellung als Kartonbegleiter mehr als angeboten. Dass die Etiketten so schick sind, ist dann noch Bonus on Top.

In Chile wird seit der Mitte des 19. Jahrhunderts Wein angebaut, als französische Winzer einwanderten und ihre Rebsorten mitbrachten, die bis heute angebaut werden. Deshalb trinken wir heute auch Carménère und Petit Verdot, die man in Europa vor allem im Bordeaux findet. Interessanterweise blieb Chile vor der Reblaus verschont und diente im Gegenzug später als Exportnation für wurzelechte Stöcke. Und auch sonst ist durch das Klima der Pilzdruck geringer, so dass mit weniger Pflanzenschutz gearbeitet werden kann. Reben werden auf etwas über 200 Tausend Hektar angebaut, was ungefähr der doppelten Fläche des deutschen Anbaus entspricht. Die beiden Weine heute kommen aus der Region Colchagua Valley, ziemlich genau in der Mitte des Landes, etwas südlich der Hauptstadt Santiago de Chile. Daniel und Alejandra machen hier unter dem Namen Vultur Wines ihre Weine. Beide Weine, der Carménère und der Petit Verdot, dem noch etwa 10% Carignan beigemischt werden, reifen für 14-18 Monate in französischer Eiche bevor sie ungefiltert auf die Flasche gezogen werden.

Der Petit Verdot ist richtig duftig mit ganz viel Frucht, dunklen, fast schwarzen Beeren, etwas Veilchen, Brombeere, feiner Würze und Süßholz. Beim Trinken ist der Wein schlanker als ich erwartet hätte. Der Gerbstoff ist kernig, aber nicht grob, zupackend, aber nicht nervig dabei und wenn man den Wein dann über die Zunge spült, wird die Nase immer erdiger. Man merkt ihm die paar Jahre auf der Flasche an, es wird immer samtiger und weicher, sowohl beim Riechen als auch beim Trinken. Ich denke, dass er frisch gefüllt deutlich widerspenstiger war. Wenn ich meckern wollen würde, dann würde mir etwas Spannung fehlen, aber ich will nicht meckern und von gegenüber am Tisch heißt es sowieso gleich “finde ich nicht”.

Eine Nacht bringt keine Veränderung. Der zweite Abend ist aber ziemlich warm, also das Dachgeschoss, nicht der Wein, und ich werde das Gefühl nicht los, dass der Petit Verdot mir bei so 15 Grad weniger Umgebungstemperatur doch deutlich besser gefallen würde. Sommerwein ist das nicht gerade. Da ist inzwischen richtig viel Erdbeere, etwa dreiviertel auf dem Weg zur Marmelade. Nur die Erdbeere, nicht der Wein an sich. Ich mag das gerne wie gesagt, würde das aber im Winter noch deutlich gerner mögen.

Die Menge an reinsortigem Carménère, den ich bisher getrunken habe, kann ich an einem Finger abzählen. Wenn überhaupt. Mein Hirn jedenfalls schreit laut Cabernet Franc, als ich die Nase ins Glas halte. Und nach einer Befragung von Wikipedia macht das tatsächlich Sinn, denn Cabernet Franc ist eine der Elternrebsorten. Da bin ich kurz richtig stolz auf meine Nase. Der Wein ist viel würziger als der Andere. Da ist Paprika und dieser leicht rustikale Gerbstoff, den ich auch von der Loire so sehr liebe. Etwas Rauch, Erde, Leder und Kirsche gemischt mit Johannisbeeren, rot und schwarz. Kühl wirkt er, fokussiert und würzig und trinkt sich ziemlich exakt wie er riecht. Brombeerblatt, kräuterig und rustikal. Das gefällt mir richtig gut und mit Luft kommt Salbei und insgesamt so ein bisschen schweizer Kräuterbonbon. Wer das wohl erfunden hat. Berge gibt es in Chile schließlich auch.

Der Carménère wird noch kräuteriger am nächsten Abend. Beim Trinken erinnert das was auf der Zunge bleibt inzwischen an Amaro, allerdings ohne den hohen Alkohol. Die Paprika ist geblieben, die rote Frucht auch. Weicher ist der Wein geworden, das Rustikale ist zurück gegangen. Ich bin vermutlich ein ganz furchtbar schlechter Blindverkoster, aber die grüne Paprika im Dunstkreis Cabernet, die ist ziemlich eindeutig. Weniger eindeutig ist, warum ich das in Rotwein so feier und man mich in Sauvignon Blanc damit gleichzeitig jagen kann. Der Carménère in jedem Fall ist genial und ich würde tatsächlich den ersten Abend dem zweiten vorziehen und dementsprechend auch den Wein nicht mehr super lange im Keller vergessen wollen. Nicht, weil ich glaube, dass er nicht schön reifen wird. Aber die Gefahr, dass die Zeit ihn weicher spült, die wäre mir zu groß. Zu sehr mag ich einfach diesen struppigen Widerstand beim Trinken.

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