13.7.2025

Beck - Eichert 2019

Wir trinken eine Flasche Spätburgunder aus Baden: Von Charlotte und David Beck den Eichert aus 2019.

Auf einem Holztisch steht eine Flasche Spätburgunder von Beck mit Blumen auf dem Etikett. Im Hintergrund sind ein Weinglas und ein Bücherstapel zu sehen, im Vordergrund liegt der Korken am Kellnermesser.

So schön die ganze Verkosterei unterwegs auch ist, irgendwie ist es immer auch ein bisschen Stress. Für mich selbst, wegen der vielen Menschen überall, und für meinen Geschmackssinn, der nach einer vermutlich dreistelligen Anzahl an Probeschlucken ziemlich müde wird irgendwann. Da geht doch nichts über eine einzelne Flasche am heimischen Esstisch. Und wenn die Flasche aussieht wie diese heute, dann hat auch noch das Auge was davon. Charlotte und David Beck vom Kaiserstuhl hatte ich überhaupt nicht auf dem Schirm. Sie müssen sich allerdings irgendwo ins Unterbewusstsein eingenistet haben, vermutlich, weil ich den Wein irgendwann irgendwo Vertrauenswürdiges gesehen habe. Denn ganz ohne unterbewusstes Wiedererkennen würden wir zum Auffüllen eines Versandkartons wohl eher eine günstigere Flasche wählen. Ansonsten fliegen die Beiden eher unterhalb meines Radars, auch wenn, wie zum Trotz, just dieser Wein natürlich gestern im Instafeed vorbei zog. Manchmal will mich das Universum einfach foppen.

Das eher seltene Auftauchen dürfte auch an der überschaubaren Menge Flaschen liegen, die im Weingut Beck erzeugt wird. Charlotte und David sind sich in Geisenheim über den Weg gelaufen. Es folgt 2013 die Rückkehr auf den Hof von Davids Eltern an den Kaiserstuhl, die Pacht der ersten Parzelle im Eichert, die Umstellung auf ökologische Bewirtschaftung, ein paar mehr Parzellen, mehr Umstellung, der erste eigene Jahrgang. Umstellung braucht Zeit, 2017 war das dann mit dem ersten Wein, also immer noch praktisch gestern. Ein bisschen unter 2 Hektar sind es inzwischen, die im Nebenerwerb bewirtschaftet werden. Handarbeit, Minimalismus. Die Reben stehen am Kaiserstuhl auf vulkanischen Böden in der Hitze Südbadens. Die Trauben werden komplett spontan vergoren und anschließend in einer alten Korbpresse entsaftet, bevor der Saft für etwas unter 2 Jahre in kleinen Holzfässern verschwindet. Geschwefelt wird so wenig wie möglich, gefiltert und geschönt eh nicht.

Der Korken macht mir kurz Angst. Dieses Gefühl, wenn der Korkenzieher nicht richtig greift, weil sich irgendwo ein Riss oder Hohlraum in der Baumrinde versteckt, kein Gefühl zur Weiterempfehlung. Da geht kurz der Puls, zumindest bis man dann die Nase ins Glas steckt. Oh ist das schön. Und, ich greife vorweg, ich werde das nicht nur einmal über diesen Wein schreiben. Da ist dunkle Frucht zwischen Kirsche und blauen oder schwarzen Beeren, viel Würze und etwas Waldboden. Der Wein ist dicht, intensiv, hat etwas Sandelholz, etwas Graphit. Da ist eine innere Wärme im Wein, eine innere Ruhe. Der folgende Säurekick weckt mich dann. Das ist frisch, saftig und auch beim Trinken intensiv, wie zäher Kirschsaft, der ganz langsam über die Zunge nach hinten fließt, es zieht an den Zungenrändern, es zieht am Gaumen hinten, aber auch hier, innere Ruhe. Das Tannin ist samtig weich, bleibt ewig liegen und mit dem Wein auf der Zunge riecht man noch etwas mehr Frucht und eine Brise Tierstall. Ich will gar nicht schreiben, ob das jetzt besonders deutsch oder, vorsicht, burgundisch schmeckt. Ist auch egal. Was es aber hat, das ist diese Mühelosigkeit, die ich gerade in Burgundern so mag. Das Gefühl, das das erzeugt, das Selbstverständnis, das der Wein zu haben scheint. Die Würze im Mund, die Frucht, die Frische, die Tiefe und Intensität. Beeindruckend. Und eben auch einfach schön.

Die Frucht verändert sich über Nacht. Wir schenken den Pinot ziemlich kalt ein. Ein Tribut an die Sommerhitze, die natürlich immernoch gnadenlos durchs Dachfenster hämmert. Da wird alles sowieso von selber warm und das meist schneller als einem lieb sein kann. Selbst wenn die Schlücke größer sind. Aber die Kühle schadet nicht, ganz im Gegenteil, auf halbem Weg zwischen Kühlschrankkälte und Zimmertemperatur kitzelt das noch ein bisschen mehr die Frische aus dem Wein. Und macht ihn, zumindest an so einem warmen Abend, noch leckererer. Gleichzeitig beraubt es ihn der Tiefe. Aber wie schon gesagt, warm wirds von selber. Und mit der Temperatur kommt ledrig, würzig, holzig und rauchig die Tiefe zurück und macht den Wein noch einen Tick besser. Sandelholz und Eukalyptus, Kräuterbutter auf frisch gegrilltem Steak, die der Frucht zumindest in der Nase mehr als Paroli bieten. Das ist ein Pinot, für den mundgeblasene Goldfischaquariumsgläser mundgeblasen wurden (unsere nicht, Schwabe und so, aber die Maschine macht das inzwischen ja auch recht dünnwandig, ein Goldfisch könnte trotzdem große Runden drehen). Da ist Kraft im Glas, die Platz braucht, 2019 war warm, heiß sogar. Aber mit seinen 12,5 Volumenprozent und der Säure lässt der Eichert sich davon nicht viel anmerken. Vermutlich hat der Wein noch viele, viele Jahre vor sich, aber wie soll ich irgendetwas anderes empfehlen, als das jetzt aufzuziehen. Nachkaufen vielleicht. Aber unbedingt auch eine aufziehen. Das ist so klar, so strahlend, so saftig und tief und ja, einfach schön. Für mich, ganz unerwartet, einer der größten Weine dieses Jahr.

Ähnliche Beiträge

comments powered by Disqus