20.7.2025

Drei Flaschen Wechsler

Wir trinken vom Weingut Wechsler thematisch passend zur vergangenen Maxime Open drei Flaschen aus Rheinhessen: Eine Fehlfarben Scheurebe 2023, einen Sexy MF Pinot Rose 2022 und einen Silvaner Alte Reben aus 2021.

Drei Flaschen Wein vom Weingut Wechsler stehen auf einem Holztisch. Die Etiketten sind schlicht mit schwarzer Schrift und ein paar Farbklecksen. Davor liegt ein Korken am Kellnermesser, dahinter steht ein Weinglas und ein Stapel Bücher.

Manchmal läufts einfach. Ich hatte absolut keine Ahnung, dass Katharina Wechsler bei der Maxime Open ausschenken würde. Technisch gesehen hat sie das am Sonntag auch nicht. Ich meine es waren zwei Mitarbeiterinnen aus Australien, die da am Stand standen und uns mit viel Freude durchs mitgebrachte Sortiment geführt haben. Wenn ich mich richtig erinnere, und ich habe keine Notizen gemacht, weil wir das ja sowieso jetzt trinken, dann waren Rosé und Silvaner auch in Mommenheim dabei. Deshalb schreibe ich letztendlich, ansonsten ist das Hirn wie ein großes Nudelsieb, bei der Anzahl an Weinen an dem Wochenende sowieso. Aber so kommen wir jetzt mit Erinnerungsfetzen und zufällig sowieso eingeplanten Flaschen ganz ungeplant zu einer ersten Rheinhessennachlese. Und das ist ja auch schön.

Katharina und Manuel Wechsler bewirtschaften um die 18 Hektar Fläche rund um Westhofen in Rheinhessen. Und das noch gar nicht so lange. Katharina fängt erst 2012 an den elterlichen Betrieb vom Fassweinverkauf auf selbst vermarktete Flaschen umzustellen. 2017 übernimmt sie komplett, 2022 steigt Manuel mit ein. Außerdem ist seit 2022 die Bewirtschaftung zertifiziert ökologisch. Wir probieren drei Weine der beiden. In der Cloudy By Nature Linie werden Naturals produziert. Der Sexy MF ist ein unfiltrierter Motherfucker, sorry, Mariafelder Pinot Klon. Direkt gepresst, ein bisschen Maischegärung, ein bisschen Kohlesäuregärung, Tonneau und Stahltank. Fehlfarbe ist eine maischevergorene Scheurebe, die in der Lage Kirchspiel wächst. Mich triggert ja dieser Mix aus Groß- und Kleinschreibung, ich hänge aber auch zu viel Zeit auf Reddit rum. Wem das jetzt nichts sagt, einfach ignorieren. Drei Wochen verbringt der Wein auf der Maische, landet im Edelstahl und kommt dann auf die Flasche. Und um es mit Funk nicht allzusehr zu übertreiben komplettieren wir das Dreiergestirn mit einem Silvaner 2021 Alte Reben aus Westhofen. Ein Tag auf der Maische, dann Edelstahl.

Die Scheurebe startet mit einem monumentalen Stinker ins Glas. Da kann man nicht viel schönreden und gegenüber am Tisch wird das auch gefeiert. Ich bin da in meiner Einschätzung etwas reservierter. Es braucht tatsächlich eine ganze Weile bis ich dahinter langsam die Scheurebe erkenne. Das Vogelwilde wird langsam immer hefiger, ohne t wohlgemerkt, und schmackofatz trinkt sich der Wein sogar vom ersten Schluck an. Die Säure ist da, bleibt aber sanft, der Gerbstoff dahinter gibt Struktur und mit dem Wein im Mund wird die Nase limonadig und immer fruchtiger. Da fängt dann auch die Scheurebenexotik an Fuß zu fassen. Und so geben sich Nase und Zunge die Klinke in die Hand und bestärken sich gegenseitig in ihrer Entwicklung. Es ist zitrisch, hat eine Säure, die aber mehr an Maracuja als an Zitrusfrucht erinnert und macht wirklich Spaß. Wenn man die ersten fünf Minuten übersteht.

Oder gleich einen Tag wartet. Denn am zweiten Abend wirkt der Wein direkt wie Limo, Eistee oder Almdudler. Kräuter-Limo und Gerbstoff, ein bisschen Seife, Rosamrin, Apfel und Ingwer. Keinerlei exotische Frucht mehr, kein Stinker. Richtig spannender Wein.

Wir ziehen die Weinfarbe durch und trinken Silvaner. Der ist, wenig überraschend, der klarste, am wenigsten wilde Wein. Das riecht reduziert, kühl und tatsächlich ein bisschen so, wie ich mir den Jahrgang 2021 immer vorstelle, mit zurückhaltendem Kernobst und Würze. Diese Würze ist auf der Zunge noch viel würziger als beim Riechen. Wobei, erstmal nicht, aber dann baut sich das weit hinten auf der Zunge immer mehr auf und will da nicht mehr weg. Und obwohl der Wein deutlich weniger wild ist, hat man doch das Gefühl eine Handschrift zu erkennen. Die selbe kernige Art, die selbe Struktur. Nur eben ganz klar dabei.

Tag Zwei bringt mehr Frucht, die eher orange als gelb ist in ihrer Farbe. Erst mit viel Schwenken kommt die kräuterige Würze zurück. Es trinkt sich richtig cremig jetzt und auch da braucht es die Luft um die Struktur wieder herauszukitzeln. Wir schlürfen also, es ist ja sonst niemand im Raum. Die Säure ist fruchtig, die Aromatik etwas wärmer und voller geworden. Je mehr ich solche Silvaner trinke, desto mehr werde ich Fan von Silvaner aus Rheinhessen.

Der Rosé blubbert noch vom Gären. Mehr in der Flasche als im Glas, aber in der Flasche schäumt es leise vor sich hin. Und auch der Rosé hat Funk mitgebracht, der aber im Gegensatz zur Scheurebe schnell wieder verschwindet. Was bleibt ist eine Mischung aus Reduktion und roter Frucht, die sich so überhaupt gar nicht festnageln lassen will. Drei Minuten lang finde ich den Wein unglaublich anstrengend, nach so einer halben Stunde finde ich ihn unglaublich gut. Das ist rauchig würzig, schmeckt ein bisschen nach roten Gummibärchen, ist gleichzeitig weich und harsch, hat Gerbstoff und Säure. Rote Haribo Kirschen, die einem in die Erde gefallen sind. Egal, drei-Sekunden-Regel, daran erinnert das. Ich muss es leider schon wieder sagen: Das ist kein Rosé für klassische Rosétrinker. Aber dann wiederum, warum eigentlich nicht. Der Tellerrand darf nie zur Grenze werden. Und das war super in Mommenheim am Stand, das ist noch besser daheim am Esstisch. Sogar zur Pasta mit roter Soße funktioniert der. Eine Überraschung.

Es riecht inzwischen nach frisch gemähter Wiese, Kräutern, roten Beeren und Fruchtgummi. Die Säure wird im Mund selber auch immer fruchtiger, der Gerbstoff leider nicht. Der hat mir am ersten Abend besser gefallen, stören tut er mich nicht. Trotzdem: Für mich ein Wein zum Austrinken am ersten Abend. Und da dann mit richtig, richtig viel Spaß.

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