Konni & Evi - Blauer Silvaner 2019
Wir trinken eine Flache Blauen Silvaner 2019 von Konni und Evi aus Saale-Unstrut.

Die deutsche Weinwelt wird sich in diesen Tagen um Wiesbaden und die Vorpremiere des VDP und der grossen Gewächse drehen. Da dachte ich mir, ein bisschen Kontrastprogramm kann da nicht schaden. Thematisch passt die Flasche trotzdem perfekt in dieses Wochenende, denn auch in Saale-Unstrut ging es weintechnisch rund an diesem Wochenende. Konni und Evi haben ihren Weinberg aufgesperrt und mit vielen Gastwinzern zum Silvanerfest geladen. Sehr gerne wären wir vor Ort gewesen, aber zeitlich hat das leider überhaupt nicht reingepasst. Die Zwetschgen mussten von den Bäumen, sonst machen das Kollege Wurm und Vogel und richtig Zeit fürs Ernten ist leider nur am Wochenende. Gemessen daran, was in den sozialen Medien an uns vorrüber gezogen ist, haben wir leider eine richtig schöne Sause verpasst. Aber zumindest im Weinglas waren wir mit diesem 2019er Blauen Silvaner dabei. Man muss kein Sherlock sein um die Lücken in S**l*-*nstr*t aufzufüllen. Man müsste aber durch die Qualitätsweinprüfung um es ohne Lücken auf die Flasche schreiben zu können. Und diesen mitteldeutschen Landwein haben die Prüfer natürlich nie gesehen.
Ziemlich genau hingeschaut haben vermutlich die Züchter, die in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts den blauen Silvaner aus dem grünen Silvaner herausselektioniert haben. Dieser hat, auch hier muss man nicht Holmes mit Nachnamen heißen, im Gegensatz zum grünen Silvaner dunkle Traubenhäute. Wiki sagt, dass gerade einmal 20 Hektar der Rebsorte im Ertragsanbau stehen. Mit Maischestandzeit wandert die dunkle Farbe dann auch von der Schale in den Wein und, wie auch bei Grauburgunder, wird der Weißwein dann auch ohne richtig Orange zu sein ein bisschen orange. Leider habe ich nicht gefunden, wie lange dieser Kollege auf der Maische verbracht hat. Was ich sicher weiß, ist, dass er mit unter 10 % Alkohol auf die Flasche gezogen wurde, denn das steht hinten drauf. Damit dürfte er entsprechend früh gelesen worden sein, denn trotz Cool Climate in Saale-Unstrut war 2019 wohl insgesamt eher warm. Außerdem steht da noch, dass 10 mg pro Liter Schwefel zugesetzt wurden. White Wine steht da übrigens auch, da muss ich kurz schmunzeln, wenn ich so ins Glas schaue.
Ehrlicherweise hatte ich diese Flasche tatsächlich vergessen und war mir beim Ausgraben unsicher, wie gut so ein Natural-Silvaner die Jahre auf der Flasche überstanden hat. Sehr gut hat er das, um gleich mal vorweg zu greifen. Da ist viel selbstgemachter Pfirsich-Eistee in der Nase. Der aus Schwarztee und mit ohne Zucker. Etwas Kombucha, etwas charmanter Dreck, ein bisschen Ähterik und etwas Vegetabiles ist da auch. Was da nicht ist, sind flüchtige Säure, da ist kein seltsamer Gerbstoff, da ist kein wilder Stinker. Ich bin überrascht und frage mich, wie das wohl jung war. Es fällt mir total schwer in diesem Weinstil irgendwas von der Aromatik auf die Reife zu schieben, aber irgendwas muss in den Jahren schließlich schon passiert sein. Würde da 2023 auf der Flasche stehen, ich würde es ihr sofort abkaufen. Da ist etwas Litschi, ein paar Rosenblätter, viel Zitrus im Mund und auch der Eistee. Das ist spannend, komplex und gleichzeitig lecker. Mehr Luft macht den Silvaner duftiger, mehr Eistee, etwas Tonisches, mehr Ätherik. Und der Gerbstoff packt jetzt mehr zu. Lustigerweise erinnert mich das an einen ganz anderen Wein, von einem ganz anderen Flecken Erde. Aber der Kunoh Summer Snowflake hat sich, zumindest in meiner Erinnerung, ganz ähnlich angefühlt beim Trinken. Und wenn ich lese, was ich darüber aufgeschrieben habe, ja, das kommt hin.
Der zweite Abend startet ebenso mit Eistee. Allerdings mit noch weniger Pfirsich und Frucht als eh schon. Da ist mehr Struktur, mehr holziger Grip in der Nase und ich bereite mich schon innerlich darauf vor, wie mir der erste Schluck gleich an die Zunge packt. Aber dann, nichts. Da ist beim Trinken nicht mehr Grip als am ersten Abend da war. Die Säure ist super schön, klar, strahlend, das Tannin ist weich und schmeichelnd und auch der Pfirsich ist da noch zu schmecken. Dazu eine interessante Mischung aus Grapefruit und Kirschen. Das ist richtig stark. Nicht für jedes Wochenende, sicher, ich muss Lust haben auf so einen Wein. Aber das muss ich auf Riesling schließlich auch. Und wenn ich dann Lust drauf habe, dann muss er genau so sein. Mit Tiefe, mit Frucht, innerer Spannung und exakt dieser Klarheit. Es muss bei jedem Schluck schon die Frage aufwerfen, wann denn der Nächste kommt. Und genau das tut der Silvaner hier.