10.8.2025

Zwei Flaschen Reinhold & Cornelia Schneider

Vom Kaiserstuhl trinken wir eine Flasche Spätburgunder Engelsberg 2021 und einen Chardonnay *** aus 2023 von Reinhold und Cornelia Schneider.

Zwei Flaschen Wein vom Weingut Reinhold und Cornelia Schneider stehen auf einem Holztisch. Im Vordergrund liegen die beiden Korken und ein Kellnermesser. Dahinter stehen ein Weinglas und ein Stapel Bücher.

Wenn es um Wein vom Kaiserstuhl geht, dann fällt immer wieder der Name Reinhold und Cornelia Schneider, deren Weingut in Endingen eben am Kaiserstuhl liegt. Wie so viele Winzer in Baden haben auch die Schneiders eine Vergangenheit in der Genossenschaft. 1981 folgte mit dem Austritt aus der Genossenschaft die Gründung des eigenen Weinguts. Ein paar Jahre später folgte die Mitgliedschaft im VDP Baden. Eine relativ typische Herkunftsgeschichte für ein gutes Weingut hier im Bundesland sollte man meinen, doch sucht man den Traubenadler vergeblich auf den Flaschenhälsen, denn wie schon aus der Genossenschaft ist Familie Schneider auch aus dem VDP wieder ausgetreten. Vor ein paar Jahren ist dann Sohn Alexander mit in das Weingut eingestiegen, die nächste Generation, der 2024 schließlich das Ruder übernommen hat. Knapp unter sieben Hektar Rebfläche werden bewirtschaftet, naturnah mit viel Zeit und Handarbeit und in einer Größe, in der die Zügel noch selbst fest in der Hand gehalten werden können. Auch im Keller hat man Zeit, langsames Pressen, spontane Gärung und ein langes Lagern auf der Hefe. Es ist alles ein bisschen wie früher hier, auf dem Grauburgunder steht Ruländer, die Etiketten sind sehr klassisch schlicht, die großen Weine haben drei Sterne als Auszeichnung auf der Flasche stehen, einen Buchstaben für den Bodentypen oder eben den Lagennamen und auch die Homepage wirkt ein bisschen wie von früher. Der Chardonnay, mit drei Sternen, wird nach der Pressung spontan vergoren, durchläuft eine malolaktische Gärung und wird dann in großen, gebrauchten Holzfässern ausgebaut. Und auch der Wein aus dem Engelsberg wird spontan, hier auf der Maische, vergoren und anschließend im großen Holz gelagert.

Der Chardonnay riecht nach einer Mischung aus gelbem Steinobst und sehr reifen Birnen, da sind Kräuter und etwas holzige Würze. Ich mag diese Art von Frucht sehr und bin deshalb ziemlich glücklich, dass sie es auch auf die Zunge schafft. Erst dahinter kommen Säure, Struktur und ein bisschen Cremigkeit. Das macht eine, Achtung Triggerwort, sehr leckere Mischung zusammen. Ich werde es weiterhin nicht verstehen, warum lecker so oft mehr Schimpfwort als Lob ist. Als ob lecker sein etwas schlechtes wäre. Egal. Mehr Kernobst als Steinobst beim Trinken, das aber nicht so reif ist wie in der Nase. Birne, Mirabelle und Aprikose, ein bisschen Stein, knackig, frisch. Das ist richtig gut.

Es wird karger im Duft über Nacht, so richtig viel tut sich aber nicht. Zumindest beim Trinken ist er aber deutlich laktischer geworden, denn irgendwie erinnert mich das jetzt an Birne mit Joghurt, oder Eis, oder Frozen Joghurt von einem dieser viel zu teuren Hipster-Street-Food-Stände. Ein bisschen Buttermilch, ein paar Kräuter. Unglaublich frisch ist das auf jeden Fall, hat Tiefe und Zug. Halbgefrorenes mit Schäumchen, gelbe Frucht und unglaublich lang inzwischen. Nicht unbedingt die Entwicklung, die ich nach der intensiv gelben Frucht am ersten Abend erwartet hätte, aber irgendwie sogar noch ein bisschen besser als am Abend zuvor. Immer noch lecker im Übrigen, ganz anders lecker, aber eigentlich fast noch leckerererer. Und da für den Wein gerade einmal 15 Euro aufgerufen werden, kann man das auch gefahrlos einfach mal ausprobieren.

Kurz nach dem Korkenziehen beim Spätburgunder ist da wirklich enorm viel Kirsche in der Nase. Das beruhigt sich allerdings schon nach den ersten ein bis zwei Stunden in der offenen Flasche. Holz und Struktur holen auf und wenn man lange einatmet, dann taucht da auch noch Eukalyptus auf. Das wirkt gerade am ersten Abend viel kühler als der Chardonnay, schlanker, geradliniger. Aber 2021 war eben auch ein kühleres Jahr, auch am so sonnenverwöhnten Kaiserstuhl. Die Säure packt zumindest ordentlich zu, der Gerbstoff ist dafür geradezu samtig. Trotzdem zieht es an der Zunge und am Gaumen. Da sind Pflaumen, etwas Dörrobst, trockene Kräuter und ein bisschen frisch gesägtes Holz. Richtig gut. Der Schwabe in mir muss jetzt unvermeidlich auch noch anmerken, dass hier deutlich unter 30 Euro aufgerufen werden. Das geht also direkt in die Kategorie Schnäppchen und macht zumindest bei mir das Grinsen im Gesicht noch ein kleines bisschen größer. Der Eukalyptus aus der Nase taucht dann gegen Ende des Abends auch noch auf der Zungenmitte auf.

Hier tut sich was im Kühlschrank über Nacht. Die Frucht wird dunkler, die Ätherik verschwindet, die Würze wird intensiver und die Kräuter auch. Da ist jetzt Schwarztee, sowohl in der Nase als auch im Mund, die Säure erinnert an die aus Früchtetee mit Hagebutte und Hibiskus oder was auch immer der Tee-Zusammensteller da so rein wirft. Ich finde, dass der Wein voller geworden ist. Nicht fülliger, aber mehr. Er geht noch weiter raus an die Zungenränder, nimmt die Backen noch mehr in Beschlag und ist dabei noch dichter, intensiver. Gleichzeitig wirkt die Säure weicher, packt weniger zu. Er wirkt ausgeruhter jetzt, mehr im Gleichgewicht und so als ob er vielen weiteren Jahren auf der Flasche ganz entspannt entgegen sieht. Ich muss sagen, die Versuchung nachzukaufen, die ist durchaus vorhanden. Denn mich interessiert wirklich wie das reift. Man kann wohl auch kleine Mengen gereifte Weine ab Weingut erstehen, aber dann wüsste zumindest ich ja nicht, wie das jung geschmeckt hat. Bei Zeit auf der Flasche gibt es halt leider keine Abkürzung.

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