Maria & Sepp Muster - Graf Sauvignon 2021
Wir trinken aus der Steiermark eine Flasche Sauvignon 2021 von Maria und Sepp Muster.

Es gibt diese Weine, die einem immer wieder begegnen, man sich jedes mal denkt, dass man sich da doch mal Zeit nehmen sollte für eine Flasche und man es dann irgendwie immer wieder vergisst zu tun. Die Weine von Maria und Sepp Muster gehörten bis jetzt in diese Schublade für mich. Die Vermutung liegt nahe, dass sich der Wein dann eben doch nicht tief genug eingebrannt hat, die Realität ist aber, dass ich einfach Dinge vergesse. Der Wein kann da gar nichts dafür. Was hilft, ist Wiedererkennbarkeit. Zumindest mir. Und diese Wiedererkennbarkeit ist bei den von weitem betrachtet zweifarbigen Labels mehr als gegeben. Auch von der anderen Seite eines großen Raums denkt man sich sofort “Ah, Muster”. Und so ähnlich ist der Gedanke jetzt auch wenn die Flasche direkt vor mir auf dem Tisch steht.
Das, was einen da auch aus großer Entfernung sofort einfängt, sind Bilder von Beppo Pliem. Reduzierte Horizonte, Reduktion auf das, was ihm wesentlich erschien. Und diese Reduktion aufs Wesentliche ist auch Grundlage der Philosophie hinter den Weinen von Maria und Sepp Muster. Die Beiden haben den Hof der Familie in der Südsteiermark 2001 übernommen und die um die 10 Hektar Fläche ziemlich direkt auf biodynamische Bewirtschaftung umgestellt. Graf hieß der Hof schon immer und so lag es nahe auch eine der Weinlinien Graf zu nennen. In der Qualitätspyramide in der Mitte, zwischen den Weinen vom Opok und dem Sgaminegg darüber, wachsen auch die Trauben in den Höhenlagen eben zwischen diesen zwei anderen Weinlinien. Auch die Graf-Reben stehen auf Opok, was bei uns Kalkmergel genannt werden würde. Die Reben wachsen in einer speziellen Erziehung an Holzpfählen und einem einzelnen Draht in 1,80 Meter Höhe. Natürlich wird spontan vergoren und möglichst wenig eingegriffen im Keller. Zwei Jahre liegt der Sauvignon dann im großen, gebrauchten Holz bevor er ohne Filtern oder Schönen auf die Flasche kommt.
Stände nur Graf auf der Flasche und nicht Sauvignon, ich weiß nicht, was ich tippen würde als Rebsorte. Nicht Sauvignon Blanc, das weiß ich sicher. Da ist viel Eukalyptus, Würze, Kräuter, etwas Popcorn und ein kleines bisschen Schießplättchenreduktion dahinter. Der Wein hat richtig Zug beim Trinken, viel Zitrusfrucht, fast ein bisschen spitz in der Säure und auch da kommen dann viele Kräuter. Das wirkt total jung, nicht unfertig, aber eben so ganz am Anfang und sicher ungestümer als es mal werden soll. Da ist jede Menge Struktur und Saftigkeit gleichzeitig, Intensität, Dichte und Länge. Das ist ziemlich viel tatsächlich und ich bin gespannt, wo die Reise hingeht.
Die Feuersteinreduktion verschwindet über Nacht nicht. Das war so weit im Hintergrund am ersten Abend, dass ich fest damit gerechnet habe, dass sie sich ganz zurückziehen wird. Falsch gedacht. Insgesamt bleibt alles erstaunlich stabil in seiner Aromatik. Etwas weniger Eukalyptus, ein bisschen mehr Kernigkeit, etwas mehr Struktur, aber im Großen und Ganzen ziemlich unverändert. Die Mittrinkerin, wenn sie um die Kräuter drumrumriecht, dann sagt sie, dass da weit hinten Eisbonbon ist. Und wenn man das dann im Ohr hat, dann riecht man es auch. So wenig aber, dass es eigentlich kaum auffällt und man wirklich genau hin riechen muss. Nur die Erkenntnis wo sich der Wein vielleicht mal hin entwickeln wird, die fehlt bei dieser aromatischen Stabilität komplett. Das wirft ein gewisses Dilemma auf, denn so saftig, wie der Sauvignon im Mund ist, so schwer ist es einen Rest nochmal in die Kühlung zu stellen.
Viel klüger macht mich auch der dritte Abend nicht. Keine Reduktion mehr, immerhin das nicht unerwartet jetzt. Noch würziger, aber auch fruchtiger, mit mehr Zitrus. Mehr so noch auf der Zunge als in der Nase. Das hat was von frisch gepresstem Limettensaft, ein paar Orangen dabei und ist weiterhin so überhaupt nicht da, wo ich Sauvignon Blanc einsortieren würde. Nichts mit grüner Paprika, nichtmal der Anflug von Maracuja oder Stachelbeeren. Ich bin ratlos. Aber vielleicht habe ich auch einfach nur das falsche Bild von Sauvignon Blanc. Vielleicht ist es genau das hier, was übrig bleibt, wenn man Sauvignon Blanc aufs Wesentliche reduziert. Oder der eigene Horizont ist nicht weit genug um alle Bilder von Sauvignon Blanc ausreichend abzudecken. Ich mag den Wein an diesem dritten Abend jedenfalls am liebsten. Zumindest das sollte ein guter Fingerzeig auf die weitere Entwicklung sein. Die saftige Säure, die sanfte Gerbstoffstruktur, diese kräuterige, zitrische Nase. Das ist schon enorm gut. Egal, wo ich es blind einsortieren würde.