21.12.2025

Aldinger - Untertürkheimer Gips Trollinger Rosé 2022

Wir trinken vom Weingut Aldinger aus Württemberg eine Flasche Trollinger Rosé 2022 aus der Lage Untertürkheimer Gips.

Eine Flasche Aldinger Trollinger Rosé mit einem rosa Pinselstrich auf dem Etikett steht auf einem Holztisch. Dahinter stehen ein Weinglas und ein Stapel Bücher. Vor den Flaschen liegen der Korken und ein Kellnermesser.

Was trinken wir eigentlich an Weihnachten? Inzwischen stellt sich diese Frage an drei Abenden plus dem Blog. Auch wenn ich ungefähr ab Mitte November immer wieder denke, dass man das dieses Jahr doch vorher entscheiden könnte und damit dem 24. und 25. auch etwas Stress nehmen, so wird es, wie jedes Jahr, eine eher spontane Sache. Das Credo ist sowieso einfach: Lieber ein bisschen mehr einpacken, auf jeden Fall Blubber, am besten mehr als eine Flasche und auf jeden Fall quer durch die Geschmacksrichtungen. Dann ist man auf der sicheren Seite. Die Erfahrung zeigt, dass Planung und Realität selten übereinander liegen und insbesondere jene Flaschen, bei denen man sich sicher war quasi die ganze Flasche für sich zu haben, als allererstes leer sind. Und dass vermeintliche Crowd-Pleaser am nächsten Morgen noch halb voll sind.

Bleibt noch die Flasche für hier. Der rosa Pinselstrich auf dem typischen Aldinger-Etikett zumindest steht immer mal wieder schräg hinter uns auf dem Leere-Flaschen-Regal der Weinschenke des Vertrauens in Stuttgart-Wangen und lacht uns an. Ein Wein fern jedweder Vernunft. Rosé, Trollinger, dreistellig (zumindest gerade so). In dieser Kombination sollte sich das eigentlich dann erledigt haben. Aber auch ganz im Süden der Republik wird hochpreisiges aus vermeintlich minderwertigen Rebsorten gekeltert und den 10hoch4, den gibt es inzwischen eine ganze Weile. Irgendwo im Unterbewusstsein war der vielleicht sogar Vorbild für das, was die Aldingers hier basteln. Obwohl Trollinger ganz sicher noch die eine oder andere ungläubige Augenbraue mehr lupfen dürfte. Den Schwaben in mir stellt dieser Wein vor ein Dilemma. Dreistellig? Niemals. Aber Trollinger, da sollte man ja vielleicht doch mal. Nur ein Versucherle vielleicht. Jedenfalls schlug dann einige Monate vor Weihnachten genug Rabattgutschein im Postfach auf um dem Trollinger-Neugier-Schwaben im Kampf mit dem Sparen-Schwaben die Oberhand zu schenken. Ist ja irgendwie auch Weihnachten. Die Fakten zum Wein selber sind schnell auserzählt. Wächst im Untertürkheimer Gips mit Blick aufs Stadion, einer Lage, die dem Weingut Aldinger ganz alleine gehört, wird direkt abgepresst und dann im französischen kleinen Holzfass ausgebaut für 15 Monate. Rosa Wachskapsel oben drauf, rosa Pinselstrich übers Etikett und fertig ist der Versuch dem Trollinger ein bisschen Hype einzuhauchen. Wir trinken eine Flasche aus 2022. Ein bisschen witzig ist es schon auch, dass wir damit nach dem Pinot Rosé schon den zweiten halb-roten Wein aus dem Gips trinken in diesem Jahr. Das war nicht geplant.

Heilige Reduktion. Das ist der reduktivste Rosé, den ich je eingeschenkt habe. Wenn ich so nachdenke, dann ist das vielleicht sogar der einzige Rosé mit so deutlich wahrnehmbarer Reduktion, den ich je eingeschenkt habe. Was sicher auch daran liegt, dass Rosé in diesem Haushalt, wenn er denn getrunken wird, eher auf der Natural-Seite der Dinge steht. Und der von Huber, dem ich Ähnliches zutraue, der liegt noch irgendwo im Karton. Da ist Feuerstein, Schießplättchen und Würze. Nicht unangenehm, aber eben viel davon. Schwenken ändert daran erstmal überhaupt nichts. Rauch hat er noch und Frucht ganz weit im Hintergrund, die sich aber echt schwer einfangen lässt. Als Trollinger ist es jedenfalls nicht zu erkennen, Rebsortentypizitätsfanatiker wird es bei dieser Rebsorte aber eher keine geben. Könnte irgendwie auch Chardonnay sein ehrlicherweise. Guter Chardonnay aber. Zumindest beim Riechen. Beim Trinken ist es dann kein Chardonnay mehr. Da ist viel Pfirsich und rote Beeren, auch die Reduktion natürlich, das Mineralische, das Straffe. Der Wein ist lang, intensiv und ganz eng beieinander auf der Zunge. Weich in der Frucht und unglaublich straff in der Struktur. Ein Kontrast, der wirklich Spaß macht. Ich bin gespannt, was mit Luft passiert, denn in den ersten Stunden bringt Schwenken genau gar keine Veränderung. Ein bisschen mehr Cremigkeit vielleicht. Das war es dann aber auch. Mögen tun wir das beide.

Am zweiten Abend ist die Reduktion mehr Rauch als Feuerstein und immer öfter mogelt sich die Frucht daran vorbei. Pfirsich, Beeren, wie schon beim Trinken tags zuvor. Jetzt riecht der Wein auch nach Rosé. Sehr, sehr straffer, reduktiver Rosé, aber Rosé. Das ist schon sehr fein so. Cremiger beim Trinken, etwas roter in der Frucht, noch mehr Pfirsich. Lang, dicht und straff. Das zieht so richtig über die Zunge, hat etwas Süße aus der Frucht und ist irgendwie faszinierend. Das wäre sicher spannend mit ein paar Jahren Reife auf dem Buckel. Keine Ahnung, was da übrig bleibt, wenn die Reduktion zurück geht. Und wie lange es überhaupt dauert, bis sie sich zurück ziehen wird.

Ich mag Trollinger ja vor allem dann, wenn er gekühlt, leicht naturweinig die Saufweinklaviatur spielt. Weit weg von dem, was an mosterhitztem, restsüßen Marmeladengelumpe hier so auf Flaschen gezogen wird. Aber beides, der Jura-Natural-Nacheiferer und die Plörre, sind von dem hier noch mindestens ein Lichtjahr weiter weg als untereinander. Das soll gar keine Wertung sein, es sind einfach komplett unterschiedliche Getränke. Das hier ist ohne Frage einer der spannendesten Rosé, den ich bisher im Glas hatte. Und einer der, die mir am besten Gefallenden. Klar, das ist so ein Wein, den es gibt, dass es ihn gibt. Der sicher zeigen soll, was man aus Trollinger so machen kann. Mit mehr Betonung auf machen als auf Trollinger. Auch da, keine Wertung. Trollinger wird auch mit diesem Wein Trollinger bleiben. Gutedel ist ja auch noch Gutedel, wobei ich den 10hoch4 noch nie probiert habe. Vielleicht läuft der mir mal über den Weg, ich würde es begrüßen. Würde ich den Gips Rosé nachkaufen? Nö. Aber wenn er irgendwann mal wieder den Weg in mein Glas findet, dann werde ich mir jeden einzelnen Tropfen mit viel Freude über die Zunge schütten. Und als Weihnachtswein, ja da könnte ich mir gerade nichts besseres vorstellen.

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