14.12.2025

Zwei Flaschen Winzerhof Stahl

Wir trinken zwei Weine vom Winzerhof Stahl aus Franken: Einen Chenin Blanc Steinmauer und eine Scheurebe aus dem Marsberg, beide 2022.

Auf einem Holztisch stehen zwei Flaschen Wein vom Winzerhof Stahl aus Franken. Im Hintergrund sind ein Weinglas und ein Bücherstapel zu sehen. Vor den Flaschen liegen Korken und Kellnermesser.

Es war einiges los beim Winzerhof Stahl seit wir die Weine das letzte Mal hier hatten. Ein Stern leuchtet inzwischen über der Kochkunst von Christian Stahl, der, so habe ich heute irgendwo im Feed vorbeiziehen sehen, das Essen zum Wein kocht und nicht anders rum. Macht auch irgendwie Sinn als Winzer. Überhaupt steht ein Besuch in Auernhofen noch auf der inneren ToDo-Liste. Nicht zuletzt, weil man dann auch direkt beim Landbau Krämer vorbei schauen kann. Und auch im Weinbau hat sich etwas getan. Stattliche 40 Hektar hat das Weingut seit 2023 unter seinen Fittichen, ein gewaltiger Zuwachs im Vergleich zu den eineinhalb Hektar auf denen Christian Stahl angefangen hat. Und auch die Weinlinien Feder-, Damaszener- und Edelstahl sind Rebsorten und Lagen auf den Flaschen gewichen. Und auch das Rebsortenportfolio legt zu. Chenin Blanc stecke ich an die Loire oder nach Südafrika. Ganz sicher aber nicht nach Franken. Dieser hier wächst auf Kalkböden am Main und wird im Tonneaux ausgebaut. Die Scheurebe kommt aus dem Marsberg von 40 Jahre alten Reben, wird von Hand gelesen, spontan vergoren und dann ebenfalls im Tonneaux ausgebaut.

Einmal zahlt sich die Neugier aus. Die Flaschen sind aus dem Karton direkt auf den Tisch gekommen. Zum Glück, denn unter der Kapsel des Chenin war mehr Biotop als Korken. Dieser war rundherum komplett nass und wohl kein Vertreter der dichten Sorte Korken. Auch ein bisschen seltsam, dass er, im Gegensatz zum anderen, nicht gebrandet ist. Vielleicht eine Notfall-Charge, wer weiß. Zu viel Sauerstoff in der Flasche drückt den Inhalt bekanntlich zügig in Richtung dunkelgelb und Sherrygeschmack. Glücklicherweise ist diese Flasche unauffällig was die Farbe angeht und auch Probeschluck und Geruch entwarnen. Da hat die austretende Flüssigkeit wohl den Sauerstoff draußen gehalten. Ob es nicht doch einen Einfluss auf den Inhalt gab, das kann ich natürlich nicht ganz ausschließen.

Der Wein riecht relativ zurückhaltend. Zumindest zum Start. Dann kommen ein bisschen zu weiche exotische Frucht dazu, eher dunkel, cremig und auch ein bisschen wachsig. Vielleicht bilde ich mir das Wachs aber auch nur ein, weil man denkt, dass Chenin das ja haben sollte. Was ich auch im Verlauf der beiden Tage nie riechen werde, ist irgendwas, das auf kaputte Baumrinde hindeuten würde. Das ist gut. Denn ich mag wie der Wein schmeckt sehr, wobei ich mehr mag wie er sich anfühlt, als wie er schmeckt. Die Säure ist enorm saftig, fruchtig, mit viel Textur dahinter und wird mit Schwenken immer noch ein bisschen besser. Auch das ist ein Zeichen, dass nicht besonders viel Sauerstoff den Weg am suppendem Verschluss vorbei gefunden hat bisher. Mit dem Wein auf der Zunge wird auch der Duft expressiver, nicht anders, aber mehr. Gelb, cremig, etwas Butter, ein Zweig Rosmarin. Ein Glück ist der nicht liegend in irgendeiner Box verschwunden. Das hätte er vermutlich nicht überstanden. Und das wäre ein Jammer gewesen, weil das ist echt gut.

Tag Zwei ist unverändert. Ein bisschen mehr Struktur, ein Touch mehr Frucht vielleicht. Überhaupt mag ich die Struktur sehr gerne und auch das passiert bei Chenin relativ häufig bei mir. Die Mischung aus Zitrusfrucht und der kernig, mineralischen Textur. Mega gut. Und wenn man nicht gerade eine Flasche wie diese erwischt, dann dürfte das auch noch viele Jahre so bleiben. Man liest bei solchen Rebsorten oft, ob man das eigentlich braucht. Chenin Blanc aus Franken. Aber warum eigentlich nicht. Erst recht, wenn er so gut ist.

Lustigerweise ist die Scheurebe im ersten Moment noch zurückhaltender als der Chenin Blanc. Nicht unbedingt etwas, das ich auf meiner Bingo-Karte hatte. Wenn man tief einatmet, dann ist die Scheu aber wirklich Scheu. Johannisbeeren, Cassis, etwas Exotik und ein Schuss Badewasserzusatz. Auf eine gute Art. Gerade so viel parfümiert, dass es mir nicht auf die Nerven geht. Und wenn es mir nicht auf die Nerven geht, dann ist da wirklich nur eine Spur davon. Das ist kühl, sehnig und wirklich geradeaus und gibt so der Frucht genau den Rahmen, die sie braucht. Die Säure erinnert an Maracuja, hat enormen Zug, wird dann von viel Zitrus und Saftigkeit abgelöst. Ein Wein für die großen Schlucke. Und Scheurebe aus Franken, das braucht man ganz sicher.

Am zweiten Abend macht der Wein im Kopf diese “das kenne ich aber”-Schublade auf. Das Badewasser ist weg, Cassis ist geblieben. Es stinkt ein bisschen, auf einer sexy Art und Weise. Die Säure ist unverändert fruchtig, saftig, intensiv und lang und irgendwie Scheurebe-typisch. Das ist vielleicht noch einen Tick stärker als der Chenin. Ich mag den Wein wirklich sehr. Ich weiß natürlich immer noch nicht, was ich da eigentlich rieche. Einen kleinen Schluck noch, dann komme ich drauf. Ganz sicher.

Ähnliche Beiträge

comments powered by Disqus